Doppelkopf-Strategien: Schwache Ansagen - Starke Absagen

Ex-Füchse #42585, 28. April 2012, um 16:22

Aus gegebenen Anlass möchte ich mal ein paar Gedankenanregungen bezüglich Absagen tätigen.

Es ist ein RIESEN-Unterschied zwischen Ansagen und Absagen.

Bei Erstansagen kann der Ansagende seine Stärke schon auf unterschiedliche Weise aufzeigen. z.B. Re im ersten oder im zweiten Stich. Große Abrage im Ersten oder im Zweiten Stich. Wird nach der Ansage Trumpf oder Fehl gespielt. Forciert er (durch zögern) oder spielt er schnell. Dies alles sind Parameter, die ich in meine eventuelle Absage einbeziehen sollte. Und man sollte auch beachten, was in den ersten beiden bzw. drei Stichen passiert.

Ich möchte anhand von drei erleben Spielen (alle drei Re -90 Spiele, die über die Wupper gingen / ich war zweimal remann und einmal kontra) aufzeigen, dass man sich absagen bei sichtbaren Spielverlauf genau überlegen sollte.

Spiel eins:
Hochzeit an 4;
1 kommt mit schwarzem as raus, was ich an zwei steche und das zweite schwarze as mit re spiele.
mein Blatt: pik herz karo damen zu 7 (jetzt nurnoch 6), 4 kreuz mit as und singel herz.
Das re ist meiner meinung nach am unteren limit, aber vertretbar.
der kreuz wird jetzt links von mit gestochen (mit bube/kein voller); danach folgt herzanschub in den hochzeiter rein, der Herz as mit 90 legt.
Blatt des Hochzeiters:
dulle, 2 kreuzdamen, pikbauer, doppelkarokönig
kreuz as, 9: pik as, 10 und herz doppelas;

Hier stellt sich mir die Frage: überwiegen die nichtbekannten zusatzwerte (pik as für abwurf und dulle) die negativwerte (noch ein kreuz, keinerlei zusätzliche trumpfstrucktur, kreuz wurde bereitz von ko gestochen und es ist nicht bekannt, ob der herz läuft). Ein anzögern wäre meiner meinung nach besser gewesen. Sollte jetzt das Argument kommen: Ich habe ja auch am unteren limit eine Ansage getätigt und nicht gezögert.... -stimmt, aber für die erstansage brauche ich eine Gewinnwarscheinlichkeit von über 50 %, für die k90 ansage über 92% da ist der riesige Unterschied.

Der weitere Verlauf des Spieles ist schnell erzählt. Der kreuzstechen kontraman ist 9 trümpfer mit dulle, pik und herzdame. die 90 sind gegen ihn nicht zu halten.

Spiel 2:

ich bin remann an 4 mit 7 tr (keine besonderen Trumpfstärken), 4 kreuz von unten und pikas.
Es wird mit herz as eröffnet, was an zwei mit fux vorgestochen wird
ich stechen den fux raus und spiele pik as mit re. Auch diese re ist am unteren Limit, aber meiner meinung nach vertratbar. Im unterschied zum ersten spiel ist hier ein verzögern vor dem as nicht möglich (bin ja re).
Das pik as wird sofort links nebem mir gestochen. (re adios, dachte ich mir). nun folgt kreuz 10 anschub, der in das doppelas meines partners (rechts von mir) mit 90 läuft.
blatt meines partners:
dulle kreuz pik herz dame, kreuzbauer, karo 10
kreuz doppelas, pik 10, 9 und Herz as,9

auch hier die frage: überwiegen die nichtbekannten stärken (dulle pik herz dame) die bekannten schwächen (kontra ist hinter uns pik und herz frei, nur 6 tr, zweiter kreuzstich vermutlich zu kontra und kontra hat schon den pikstich.
Ich meine Nein. Das Fehlbeiblatt ist bei diesem schon sichtlichem Spielverlauf zu schlecht.

Auch hier ist sind die 90 umgelegt worden.

Spiel 3:

Diesmal profitierte ich von der Gier des re-mannes.
mein blatt an 1
dulle, pik herz karo damen, pikbauer
kreuz as zu viert
singel pik und doppel herzkönig
auf mein kreuz as werde ich von zwei groß re abgefragt,
(natürlich) keine antwort, stechen und trumpf nach. gegenüber kommt jetzt kreuz dame, die von meinem partner zur rechten mit der dulle rausgenagelt wird. Er bring jetzt herz as, was ebenfall vom reman mit 90 gestochen wird. nun kommt der pikanschub in seinen repartner. grausame überraschung: das pik doppelas sitzt bei meinem kontrapartner. bei den 45 augen die bei uns lagen plus die drei trumpfstiche die ich noch auf der hand halte, viel mit das kontra nicht wirklich schwer.
wir erreichen 117 augen.
der reman hatte 10 tr (quartett damen) und zwei pik. auch hier wäre ein abfragen vor dem stechen des Herzasses optimaler gewesen.

Stoni, 28. April 2012, um 17:28

Schöne Beispiele für ein überragend wichtiges Thema, das die allermeisten nicht annähernd beherrschen.

Für mich muss (fast) jede Absage sitzen. Vor allem die bei geklärter Partnerschaft ohne jeden Informationswert.
Ich lasse auch nicht die These zu, dass 90% Erfolgsquote reichen. Damit liegt man nämlich nur auf 0, nicht im Plus.

Verloren dürfen Absagen nur bei Extremst-Verteilung werden. Es gilt das Thomas-Axiom: k90 nur, wenn normal k60 gewonnen wird.

Für ungefragte k90 brauche ich mindestens (!) ein eigenes Re. Es reichen weder 2 Fehlstiche mit 50-60 Augen noch Dulle und Blaue bei 6 Tr dafür aus.
Man muss sich auf höherem Spielniveau darauf einstellen, dass Ansagen auch mit 70-80 EW fallen.

Ausnahme sind für mich extreme Abwurfvorteile:
https://www.fuchstreff.de/spiele/11912917
Hier frage ich gross auf 90 ab, weil ich eine schwarze Single10 loswerden kann, zudem die Möglichkeit auf Voll-Tr durch weiteren Abwurf habe. Zudem sichert die Position 1 nach 4 Schneide-Vorteile, so dass maximal 3 Kontra-Spitzen wirksam werden sollten. Sicherlich gehen die 90 baden, wenn der Partner keine Asse mehr hat und wir gegen DD und DoppelBlau spielen.
>> Aber dann reicht es bei Abstich sehr wahrscheinlich auch nicht zu 120. <<

Bei Extrem-Optimierern muss man die strengen Vorgaben auch ein wenig relativieren. Sie optmieren die Fortsetzungen und Tiefabsagen durch Informationsaustausch oft haarscharf, haben aber auch mehr als den einen Absagepunkt als Potential.

In deinen ersten beiden Beispielen verbieten sich die k90 schon durch das Thomas-Axiom: jeweils ein gestochener Schwarzlauf mit 20-30 und der normal ebenso abgehende Zweitlauf mit 20-30 (Abwurfgefahr) verbieten fast allein schon die 90. Bei ungeklärter Zweit-Dulle hört da spätestens die Absagemöglichkeit auf, zumal wenn die dann auch noch auf einen Herz-Lauf angewiesen ist!

Auch muss man bei einem abgestochenen Re-Partner wie in Fall2 fast den Totalverlust der Erwartungswerte berücksichtigen, zumindest die Reduktion auf 30-40 für möglich erachten!
Dann ist es selbst bei einer eigenen Bombe fast unmöglich, noch die k90 zu sichern, es sei denn man hat selbst 120 EW!
Auch hier wieder: Doppelschwarz und Dulle für kontra sind keine k90 mehr.
Man muss schon abfragen können, oder den zweitlauf sichern oder DD haben.

Fall 3 ist eine typische Überschätzung des eigenen Blattes, wo man versäumt hat, Partnerstärken abzufragen. Wie Du ausgeführt hast: Für eine Ansage darf man die normalen Partnerstärken voraussetzen.
Für eine Absage MUSS man sich ihrer sicher sein. Man muss auch deutlich unterdurchschnittliche Partner-Grotten auffangen können. Die k90 im 3. Fall sind nur übermütig und grandios falsch.

Ex-Füchse #4596, 28. April 2012, um 17:39

[zitat]
Ausnahme sind für mich extreme Abwurfvorteile:
https://www.fuchstreff.de/spiele/11912917
Hier frage ich gross auf 90 ab, weil ich eine schwarze Single10 loswerden kann, zudem die Möglichkeit auf Voll-Tr durch weiteren Abwurf habe. Zudem sichert die Position 1 nach 4 Schneide-Vorteile, so dass maximal 3 Kontra-Spitzen wirksam werden sollten. Sicherlich gehen die 90 baden, wenn der Partner keine Asse mehr hat und wir gegen DD und DoppelBlau spielen.
>> Aber dann reicht es bei Abstich sehr wahrscheinlich auch nicht zu 120. <<
[/zitat]

Nach dem Pikabwurf steht ja der Zeiger auf Herz, wie sieht es denn mit nem eigenmächtigen 2ten KreuzAs als Nachspiel aus?

Der 10 sieht man ja den Single nicht an, da kann ein 2ter Verlierer in der Farbe entsorgt werden, anderenfalls eben das relativ unsichere angezeigte HerzAs.

Stoni, 28. April 2012, um 17:56

Ertappt. Ich riskiere es trotzdem und hoffe natürlich auf PikAs, HerzAs oder KrAs, was wahrscheinlich aber nicht kommt.

Ex-Füchse #4596, 28. April 2012, um 18:03

Der Abwurf is ja ok, er sichert die Kontrolle über 100 Augen und mit hoher Wahrscheinlichkeit sitzt beim Aufspieler auch ein HerzAs. Das dürfte dann aber keinesfalls nachgespielt werden.

Stoni, 28. April 2012, um 18:07

Abwurf bei grosser Abfrage oder spielst du den blind?
Wenn er HerzAs hält, wäre ja 2. KrAs für ein 2. Pik richtig?

Ex-Füchse #4596, 28. April 2012, um 18:31

Der Aufspieler kennt die Gründe für die Abfrage ja nicht, 2 Pik und Anspielbarkeit in Herz können ja mit Trumpfstärke und weniger Länge gepaart sein.

Mir stellt sich die Frage ob der Aufspieler eigenmächtig KreuzAs bringen kann, Herz anschieben bleibt ja im 3ten Stich noch möglich.

Ist der Anschub in Herz wertvoller als der Abwurf.

Ich hab da keine Antwort, mir fällt nur die Situation auf und halte sie für öfter mal gegeben.

Ex-Füchse #4596, 28. April 2012, um 18:33

Axo, blind werf ich ab um stark genug für ne Ansage zu werden, hier frag ich ab.

akaSilberfux, 28. April 2012, um 21:12

Im ersten Spiel gebe ich das Re nicht - die unbekannte Pik D wiegt das schlechte Kreuz As nicht auf.
Das zweite Re gebe ich auch; die 90 sind nach dem abgestochenen As nicht vertretbar.
Das dritte Beispiel zeigt die blendende Wirkung von vielen Trümpfen. 90 - Abfragen ohne Dulle oder alternativ Überlänge und geschlossene Damen empfinde ich als zu riskant. Das Quartett ist eindeutig zu schwach.

Mir reichen die 90% für die 90 - Ansage. Absagen eröffnen nämlich noch die Chance auf die nächste und ggf. weitere Stufen. Wenn also die Karte Potential auf eine 60 - Absage oder mehr hat, braucht man sogar deutlich weniger als 90% für die 90 - Ansage. Dieser Aspekt ist meines Wissens noch gar nicht thematisiert worden.

Stoni, 28. April 2012, um 21:31

Lies mal meinen Beitrag ;-)

"Bei Extrem-Optimierern muss man die strengen Vorgaben auch ein wenig relativieren. Sie optmieren die Fortsetzungen und Tiefabsagen durch Informationsaustausch oft haarscharf, haben aber auch mehr als den einen Absagepunkt als Potential. "

akaSilberfux, 28. April 2012, um 21:42

Ja genau - du sprichst es endlich einmal an!

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