Unterhaltung: Klimawandel? Wer glaubt denn an sowas?

Seb1904, 24. Mai 2013, um 01:36

Von S.P.O.N.

Der Schwarze Kanal:

Kennen Sie auch einen Klimaleugner?

Eine Kolumne von Jan Fleischhauer

Das Umweltbundesamt hat die Namen von "Klimawandelskeptikern" veröffentlicht, deren Meinung man nicht trauen darf. Wenn es um die Rettung des Weltklimas geht, sollte man wissen, wo man steht. Zeit für eine Distanzierung.

Um es gleich zu sagen: Ich gehöre nicht zu denen, die den Klimawandel bezweifeln. Ich habe noch nie bestritten, dass sich die Erde erwärmt, weder in Wort oder Bild. Den Vorwurf kann man mir nicht machen. Oder um mit Martenstein zu sprechen: Diesen Schuh ziehe ich mir nicht auch noch an.

Warum ich das sage? Weil ich ein Bekenntnis ablegen muss. Ich habe in meinem Bekanntenkreis Klimaleugner. Wenn ich der Bundesregierung glauben darf, gehören sie sogar zu den besonders Schlimmen. Ihre Namen sind Dirk Maxeiner und Michael Miersch, wir haben uns über die "Achse des Guten" getroffen, wo ich auch mal geschrieben habe. Ich habe kurz überlegt, ob ich einfach bestreiten soll, die zwei zu kennen. Aber es gibt Beweise. Ich habe vor zwei Wochen am Jahrestreffen der "Achse" teilgenommen, wir sind mit dem Dampfer die Spree heruntergefahren. Jemand hat sicher Fotos gemacht.

Die beiden stehen jetzt auf einer offiziellen Liste. Es ist in diesem Fall auch nicht ein Institut in Los Angeles, das für die Veröffentlichung verantwortlich ist, sondern das Umweltbundesamt in Dessau. Dort ist gerade ein Aufklärungsbuch zum Klimawandel mit dem Titel "Und sie erwärmt sich doch" erschienen. Im Abschnitt "Klimawandelskeptiker in Deutschland" sind die Namen von Journalisten und Wissenschaftlern genannt, die Positionen vertreten, die "nicht mit dem Kenntnisstand der Klimawissenschaft übereinstimmen". Maxeiner und Miersch sind sozusagen die Speerspitze der klimapolitischen Unvernunft in Deutschland.

Zugegeben, die Angelegenheit ist verwirrend

Man muss vielleicht nicht so weit gehen wie Henryk Broder, der das Vorgehen des Umweltbundesamts mit dem der Reichskulturkammer der Nazis verglich, aber es ist jedenfalls ziemlich lange her, dass eine staatliche Institution in Deutschland erklärte, welche Meinungen in diesem Land haltbar sind und welche nicht. Ginge es um etwas weniger Ernstes als das Weltklima, könnte man diese Intervention als Auszeichnung verstehen: Es gibt nicht viele Journalisten in Deutschland, deren Arbeit als so zersetzerisch empfunden wird, dass man sie auf schwarze Listen setzt. Ich kenne Leute, die für diese Art der Anerkennung töten würden.

In der Sache selbst ist die Angelegenheit etwas verwirrend.

Es wird wärmer, der Meerespiegel steigt, ständig toben irgendwo Stürme. Doch auf einer Ressortleiterkonferenz hat ein Kollege gerade berichtet, dass das Weltwetter den Forschern Rätsel aufgibt, allerdings aus anderen Gründen als erwartet. Seit 15 Jahren macht die Klimaerwärmung Pause. Im Augenblick lässt sich das gerade noch so mit den verwendeten Szenarien in Einklang bringen, aber wenn sich nicht bald etwas tut, müssen die Klimaforscher neue Modelle entwickeln.

Die eigentliche Frage sei eh, sagte der Kollege, was eigentlich so schlimm daran ist, wenn es wärmer wird. Wenn die Klimaforscher recht behalten, wird die Temperatur auf der Erde bis zum Ende des Jahrhunderts um etwa drei Grad steigen. Für mich klang das viel, bis ich von ihm hörte, dass drei Grad dem Temperaturunterschied zwischen Hamburg und Freiburg entspricht. Das Schlimmste, was uns passieren kann, ist demnach also, dass aus Hamburg wettermäßig Freiburg wird und aus Freiburg Marseille.

Wie immer im Leben gibt es auch beim Klimawandel Verlierer, aber die sind interessanterweise ebenfalls nicht da, wo man sie vermuten sollte. In der Sahel-Zone zum Beispiel wird es eher feuchter, wenn die Modelle recht behalten. Dafür wird es am Mittelmeer, in Australien und im Süden der USA unerträglich heiß. Nur am Äquator soll sich offenbar kaum etwas ändern.

Ich bin mir meiner Verantwortung bewusst

Je mehr man sich in die Sache vertieft, desto verwirrender wird es. Ich dachte bislang immer, dass wir mit der Energiewende einen substantiellen Beitrag zum Klimaschutz leisten würden. Jetzt lese ich beim Statistiker Bjørn Lomborg, dass wir den globalen Temperaturanstieg in den kommenden 87 Jahren damit bestenfalls um 16 Tage hinauszögern. Man muss sich das mal vorstellen: Wir bauen wie die Irren Windräder, und alles, was wir bis Armageddon erreichen, ist ein Aufschub von zwei Wochen.

Vermutlich ist es besser, den Gedanken nicht weiter zu verfolgen, sonst landet man noch selber auf irgendwelchen Listen.

Wenn es ums Klima geht, drehen selbst wohltemperierte Zeitgenossen plötzlich durch. Der in Graz lebende Musikprofessor Richard Parncutt hat vor ein paar Monaten die Todesstrafe für Klimaskeptiker vorgeschlagen. Eigentlich sei er gegen die Hinrichtung von Menschen, schrieb er, "aber Klimaleugner fallen in eine völlig andere Kategorie. Sie sind verantwortlich für den Tod von Hunderten von Millionen von Menschen".

Parncutt empfahl, eine Jury aus Wissenschaftlern über die Todesstrafe entscheiden zu lassen. In den Fällen, wo der Verurteilte widerruft und sich verpflichtet, aus dem Gefängnis heraus Forschung zum Beweis der globalen Erwärmung zu betreiben, könnte das Urteil in lebenslängliche Haft umgewandelt werden. Ich weiß nicht, ob es hier einen Zusammenhang gibt, aber neben seiner musikpsychologischen Tätigkeit engagiert sich der Professor laut Wikipedia "in den Bereichen Interkulturalitäts- und Rassismusforschung sowie Kollegialität". Inzwischen tut ihm alles furchtbar leid.

Wie gesagt: Ich bin mir meiner besonderen Verantwortung als Journalist für das Weltklima bewusst. Ich habe zu Maxeiner und Miersch jeden Kontakt abgebrochen. Sollten sich die beiden dennoch wieder an mich wenden, werde ich dem Präsidenten der Bundesumweltkammer, Jochen Flasbarth, sofort Meldung erstatten. Ich habe volles Vertrauen, dass er weiß, welche Schritte er dann einleiten muss.

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