akaSilberfux, 16. Juli 2012, um 21:44
Mit dem Essener System (ES) hat der DDV-Doppelkopf eine Sternstunde in Sachen Technik erlebt. Nach dem grundlegenden Werk "Gewinnen beim Doppelkopf" haben sehr starke und sehr gründliche Spieler aus Essen ein Konventionswerk geschaffen, was auf diesem Buch aufbaut und eine geschlossene Empfehlung für die Behandlung einer Vielzahl von Händen geschaffen. Wer es lesen möchte, findet durch eine google-Suche "essener system pdf" sicherlich eine Version.
Nicht vorhergesehen hat das ES die stille Kontraanfrage. Weiterhin sind unter der Vielzahl der sehr starken Lösungen einige eher als unglücklich, übertechnisiert und schlicht zu schwierig zu bemängeln.
Das ES ist daher verbesserungsfähig.
Um hierüber eine Diskussion anzustoßen habe ich meine Anmerkungen angehängt und würde mich über Kommentare, Ergänzungen und Einzelkommentierungen freuen. Wenn es hier gelingt, einen präsentablen Text zu erzeugen, können wir diesen auch der Doppelkopfgemeinschaft per PlusMinus zur Verfügung stellen und damit beweisen, wie wertvoll ein Online-Verein mit einer beeindruckenden Schwarmintelligenz ist.
Den technischen Tip von acteva zu solchen Projekten greife ich auf und füge einige Platzhalter ein.
akaSilberfux, 16. Juli 2012, um 21:45
Kritische Auseinandersetzung mit dem Essener System
These 1: Das ES stellt die starke Partei in den Fokus.
These 2: Das ES ist mathematisch zu präzise um anwenderfreundlich zu sein.
These 3: Gutes Solospiel läßt sich dort nicht erlernen
These 4: Das ES verengt die mögliche Fragesituation aus Unkenntnis der Vielzahl der Lebenssachverhalte; dabei können Antworten für eine Vielzahl von Kartenstrukturen wichtig sein.
Vorwort:
Während des ES die Punkteausbeute dadurch maximieren will, daß viele Spiele gewonnen und die die gewonnenen Spiele möglichst viele Punkte abwerfen, möchte ich auch verlorene Spiele möglichst billig verlieren und bei verlorenen Spielen verhindern, daß tiefe Absagen getroffen werden. Das Vorwort begründet bereits die Vermutung, daß der Schwerpunkt des ES auf dem Spiel der starken Partei liegt. Wir werden sehen, ob sich dies belegen läßt. In der Sache wäre es in diesem Fall so, daß das ES nur eine Hälfte des Spiels beschreibt.
S. 8: Blattbewertung: Die Blattbewertung des ES ist zu schwierig für den Normanwender. Daher wird folgende vereinfachte Blattbewertung verwendet (Noddy Spielwiese).
S. 9: Erstansagen: Re müßte agressiver ansagen, weil bereits die Zugehörigkeit zur Re-Partei eine Gewinnwahrscheinlichkeit von (x%) mitsich bringt. Ich favorisiere Erstansagen ab 70 Augen Erwawrtungswert.
S. 12, Bsp. 1: Warum sollte Spieler 4 den Stich übernehmen müssen? Wenn Spieler 4 keine Asse hat, gewinnt die Partei durch den Stich nichts. Spieler 1 hat wohl eine sehr gute Hand, aber weder eine Frage auf die 2. Dulle, noch ein eigenes konventionelles Aufspiel. Man darf also davon ausgehen, daß Spieler 1 keine Pik D und nur eine Dulle hält. Hinzu treten wahrscheinlich viele Trumpf und mindestens eine Farbfreiheit/Doppelas. Wenn Spieler 2 im nächsten Stich ein As aufspielt, kann Spieler 1 immer noch fragen, ob er sein Partner ist – in der Sache deckt er dann nämlich mindestens 1,5 Verlierer des Aufspielers ab. Wenn Spieler 2 mit einer Schnittdame fortsetzt, muß Spieler 4 sich zeigen. Ansonsten kann sich Spieler 4 zurücklehnen und im nächsten Trumpflauf wahrscheinlich die zweite Pik Dame eleminieren, sodaß die Kontrapartei mit einem weiteren Dullenstich und einem Fehlstich um 60 kämpft.
S.13: Re vor Aufspiel ohne Asse: das ist sinnlos. Die vorzeitige Ansage koordiniert das Gegenspiel. Wenn die Karte nicht stark genug für ein Re im 1. ist und keine Asse zu spielen sind, gibt es keinen Grund, die Gegner frühzeitig zu synchronisieren oder zu bösartigen Anspielen zu verleiten.
S. 13: forcierende und einladenden Anfragen:
Die stärkere Abfrage sollte diejenige sein, die mit dem Aufspiel der 1. Karte des Stichs gestellt wird. Wird dagegen gewartet, bis der Stich beim Abfragenden ist, ist es nur eine einladende Anfrage. An Sitzposition 2 ist keine einladende Anfrage möglich. Begründung: je früher die Gegenseite Informationen über den wahrscheinlichen Verlauf des Stiches erhält, desto stärker kann sie steuern. Häufiges Beispiel: Kreuz As (Re von 4), Kreuz K, Kreuz 9, (90 von 1): hätte Spieler 4 gewartet, bis Spieler 2 und 3 ihre Karte gelegt hätten, wäre der Stich wahrscheinlich wertvoller geworden. Auf die gegnerische Schmierung kann eher die forcierende als die einladende Anfrage verzichten.
S. 15:
Die einladende Anfrage nach einem simulierten Überlegen ist aufgrund der stillen Kontraanfrage nicht mehr möglich.
S. 15: Nachspiele, falls kein weiteres As gespielt werden kann und Partner nach Abfrage abgeworfen hat:
a) Partner an zwei: die dritte Farbe
b) Partner an drei: Trumpf
c) Partner an vier: Trumpf
Das Nachspiel der Stechfarbe birgt an Pos. 2 und 3 die Gefahr des Überschnappt Werdens, was katastrophale Folgen haben kann. Da der Abwurf einen echten Vorteil bringen soll, sollte der Abwurf blank gewesen sein. In der dritten Farbe kann aber noch das As gehalten werden, das dann zum Einsatz gebracht wird. Daraus folgt, daß man aus Pik As 10, Herz As die Pik 10 schlecht auf Kreuz As abwerfen kann und sich daher von Herz As trennen muß. Die Alternative besteht in einer weiteren Frage auf die andere Dulle bzw. eine 60-Ansage vor Ausspiel der 2. Karte des Aufspielers.
Die Variabilität des Essener Systems (Nachspiel der besseren Farbe) erschwert die weitere Steuerung des Spiels durch den Abfragenden.
Analog ist die Begründung für das Trumpfnachspiel beim Abfragenden auf Pos. 3. Auch hier ist überschnappt Werden katastrophal. Bei Trumpf muß entweder Pos. 2 die Dulle nehmen für das As der dritten Farbe (ohne zu wissen, ob sein Partner das andere As hält und damit die Dulle verschossen wurde oder der Abfragende vielleicht zwei Farben frei ist) oder Spieler 3 kann entscheiden, wie hoch er einsteigt.
Für Spieler 4 ist jeder Trumpflauf von Spieler 1 Gold wert und damit regelmäßig wertvoller als ein geschnappter Fehllauf. Im schlimmsten Fall kann Spieler 2 sich in der dritten Farbe freiwerfen und das Spiel gerät in Gefahr, nachdem Spieler 3 ans Spiel kommt. Das Nachspiel der gleichen Farbe wertet die Karte des Spielers 4 am wenigsten auf.
S. 18:
Jedes schwarze As sollte gespielt werden, weil sich alternativ Partner etwas auf sein schwarzes As einbildet. Allenfalls wenn eine „Soll ich auch schlechte Asse spielen“-Anfrage beantwortet wurde, kann das Nachspiel schlechter Asse unterbleiben.
S. 21: Spieler 4 darf Pik D ducken.
S. 22: Fehlläufe werden nur mit Karten unter Fuchs geschnappt, wenn es nicht anders geht. Wird also mit einem Buben in Mittelhand geschnappt und Karo K nachgespielt, zeigt dies wahrscheinlich die Abwesenheit von Trumpfvollen, aber keine Doppeldulle.
S. 23: Beim Beispiel fehlt die 90-Ansage von Position
S. 26: Die Frage auf eine Dulle verneint kein konventionelles Anspiel, also auch nicht den Besitz einer Pik D: der Erhalt des Zusatzschnitts und der sicheren Umpositionierung durch die Dulle lassen die Anfrage auch mit Pik D möglich sein.
S. 36: Im Beispiel 1 wartet Spieler 4 und nicht 3
S. 38: Immer die Dulle zur Hochzeit! Wenn auch nur ein As gestochen wird (Wahrscheinlichkeit für den Lauf eines einfach gedeckten schwarzen Asses = 79,4) und damit ein wahrscheinlich gewonnenes gegen ein wahrscheinlich verlorenes Spiel getauscht wird, kostet das 6 Spielpunkte. Wenn man nun unterstellt, daß alternativ in jedem zweiten Spiel eine Stufe extra gewonnen wird, kostet die Variante vier Spielpunkte auf fünf Spiele (4 * +0,5, 1 * -6) und damit effektiv 0,8 Spielpunkte. Bei einem blanken schwarzen As sieht die Ausbeute besser aus (8 * +0,5, 1 * -6) und damit effektiv 0,2 Spielpunkte weniger. Wahrscheinlich werden aber auch Spiele erst durch die nicht gespielte Dulle gewonnen; auf der anderen Seite kann die Farbfreiheit des Hochzeiters (also in einem von drei Fällen) und sein Stechen auch eine Stufe kosten, die ein Abwurf gebracht hätte.
Dabei handelt es sich um eine gefühlte Einschätzung. Zur weiteren Aufklärung könnte vielleicht die Statistik helfen.
S. 39: Blatt 2: statt Pik 10 sollte Karo K gespielt werden, damit die Dulle hinter dem Hochzeiter eleminiert wird. Bei drei Karten einer Farbe erhält man nur in 1/3 aller Fälle einen Pikstecher – in ebenso vielen Fällen erhält man Doppeldulle beim Partner. Bei vier Pik sähe es aber anders aus, weil die Wahrscheinlichkeit für einen Pikstecher höher ist als einen Doppeldullenpartner. Außerdem gibt es eine meßbare Chance für einen Überstecher. Daher ist Bsp. 3 korrekt abgespielt.
S. 41: Der Abwurf zeigt Anspielbarkeit über Trumpf, da jedwedes Fehlnachspiel ernste Gefahren hinsichtlich eines Überstechers bietet und sagt zunächst nichts über die abgeworfene Farbe aus. Der Hochzeiter setzt mit Trumpf fort. Hier ist zu überlegen, ob der Abwurf den Verlust einer Herz 10 ausgleicht; alternativ kann man auch klein stechen, um den Toptrumpf zu schonen.
S. 42: Anspiel der Pik-D zeigt Doppeldulle. Es stellt eine überflüssige Variante zur sonst üblichen Anspiel- und Abfragetechnik dar, bei der Hochzeit ganz andere Signale zu verwenden. Jede vorgezogene Trumpfrunde des Hochzeiters zeigt potentielle Trumpfüberlegenheit (größer/gleich 7). Das Hoch-Tief-Signal für die Länge des Partners will als vollständig künstlich abgelehnt.
S. 44: Vorzeitige Ansagen des Hochzeiters sollte in jedem Falle das gleiche bedeuten, damit der Merkaufwand im Rahmen bleibt. Daher soll die vorzeitige Ansage stets den Besitz einer Dulle zeigen, unabhängig davon, ob sich der Anspielende mit Dulle, einem schwarzen oder mit Herz As eingeklinkt hat.
S. 45: Auch bei der Hochzeit ist das Anspiel von 1 nach 3 über Fehl häufig gut; das vorzeitige Re soll das Anspiel eines schlechten Asses oder den Anschub eines Singles verhindern. Bei der Ansage an Pos. 4 wird Trumpfanspiel verlangt.
Gefragt wird immer auf die Dulle (erneut aus Gründen der Vereinfachung).
S. 56: ein Hoch-Tief-Signal kann auch ein As in dieser Farbe zeigen; gelegentlich geht es nicht anders.
S. 58: Doppelasse werden nicht angezeigt! Hier widerspricht sich das System selbst.
S. 59: Lavinthalmarkierungen werden als künstlich abgelehnt, auch wenn die direkte Markierung durch den Abwurf einer kleinen Karte der gewünschten Farbe einen Stich verschenkt.
S. 61: Die Definition der Ansagen gegen Buben- und Damensoli läßt sich logisch nicht herleiten. Sie ist in der Anwendung schwierig und daher zu vereinfachen:
Ausgangspunkt: Der Solist verfügt häufig über vier Trümpfe, seltener über drei oder mehr als vier. Soli mit drei Trümpfen sind regelmäßig As-Soli mit Trumpfunterstützung; Soli mit mehr als vier Trumpf können über einige Asse oder eine lange Farbe verfügen. Um ein Bauernsolo zu schlagen, müssen entweder mehr Stiche als vom Solisten geplant gewonnen werden oder die Stiche fetter als veranschlagt werden. Dabei ist zu berücksichtigen, daß ein Solo mit 9 Stichen praktisch nicht geschlagen werden kann und eines mit 7 Stichen zumeist ohnehin verloren wird. Das Hauptaugenmerk muß daher auf der Gegenwehr gegen Soli liegen, die tendenziell acht Stiche enthalten.
Var. 1: Um ein Solo mit wenigen Buben und einer Entwicklungsfarbe in Schwierigkeiten zu bringen, muß der Solist wiederholt zum Stechen gezwungen werden, sodaß ihm am Ende ein Bube zu wenig verbleibt, um seine Farbe ungestört zuende zu spielen.
Var. 2: Um ein Solo mit stabilen acht Stichen zu schlagen, müssen die Stiche so fett wie möglich werden; der Solist soll gar nicht die Möglichkeit erhalten, einen Stich zu stechen.
Var. 3: Kaum ein Solo übersteht ein abgestochenes As; einem Trumpf der eigenen Partei zur Wirkung zu verhelfen schlägt fast jedes Solo.
Nun lassen sich alle drei Gegenspielvarianten nicht unter einen Hut bringen; vielmehr führt der Versuch Var. 3 durch den Anschub eines eigenen Singles zu erreichen häufig dazu, daß ein Solo der Var. 1 nicht mehr zu schlagen ist, weil man die Entwicklungsfarbe des Solisten eröffnet hat.
Zunächst möchte ich das Pflichtsolo untersuchen. Ein Kontra des Gegenspielers im 1. Stich auf einen angespielten Kreuz Buben sagt: ich bin so stark, daß ich dem Solisten noch nicht einmal die Gelegenheit gebe, Re zu sagen oder eine falsche Entscheidung zu treffen. Ich gewinne das Solo allein. Hierzu benötigt er zwingend Trumpfhoheit, also mehr Buben als der Solist und Werte in den Farben (z.B. eine eigene lange Farbe mit As oder zwei Stopper) – im Prinzip sagt er: „Was? Bubensolo? Das wollte ich doch spielen!“ Das kann er mit fünf Buben bei Aufspiel und bei vier Buben, sobald einer seiner Partner einen Buben legt. Vier Buben mit Wirkung wie es das ES fordert, sind nicht erforderlich; sie sind auch nicht notwendig hilfreich, z.B. gegen ein Solo, welches auf hin- und herschnappen beruht.
Dabei handelt es sich um seltene Ausnahmen. Viel häufiger sind andere Dinge entscheidend, z.B. die Aufklärung, ob es sich um ein Abwehrsolo handelt. Häufiges Merkmal eines Abwehrsolos ist, daß viele Stärken dagegen sitzen. Häufiges Merkmal eines verlorenen 8-Stiche-Solos ist, daß die Stärken gut verteilt sind. Daher ist die entscheidende Waffe im Kampf gegen Soli das simulierte Überlegen, ob ein Kontra gegeben wird. Zögert Spieler 2 nicht, hat er eine das Solo begünstigende Karte, z.B. zwei Farben ohne Volle, blanke Volle, zu viele (mehr als fünf) oder zu wenige Volle (weniger als drei); zögert Spieler 2 hat er eine Struktur, die gut für das Gegenspiel ist (z.B. vier gedeckte Volle in allen Farben, einen Trumpfstich, eine Farbfreiheit, Asse), aber die seines Erachtens nicht allein zum Schlagen des Solos ausreicht.
Spieler 3 kann nun gleichermaßen reagieren; gibt er selbst das Konta, obwohl Spieler 2 nicht zögert, hat er das Brett gegen das Solo. Zögert er nicht, obwohl Spieler 2 zögerte, hat er gar nichts. Zögert er auch, hat auch er Interesse an einer Ansage, also eine günstige Struktur. Spieler 4 entscheidet nun aufgrund seiner Karten, ob eine Ansage getroffen wird oder nicht.
All diese sehr groben Informationen kann man aus dem Spiel herleiten. Sicherlich erleichtert das ES die tiefe Absage, weil es zusätzlich Informationen über die Art und Höhe der Buben transportiert. Dies läßt sich aber nicht mehr aus dem Spiel selbst ableiten und wird daher als künstlich abgelehnt.
Die gesamte Anfrage-Mechanik funktioniert nicht mehr reibungslos, wenn der Solist eine relativ hohe Karte anspielt, die von den dahinter Sitzenden vielleicht geschlagen werden kann. Ein Beispiel hierfür ist eine 10 oder ein Pik B, nachdem im 1. Stich ein Kreuz B angespielt wurde und der andere Kreuz B noch aussteht. Der zögernde Spieler muß in Kauf nehmen, daß ggf. hinter ihm geantwortet wird, auch wenn die Stärken nicht da sind. Ein Zögern auf eine solche Karte muß daher ein starkes Gegenblatt des Spielers 2 versprechen.
Unterbleibt die Antwort, ist das Zögern des Spielers 3 wiederum nur ein Zeichen für eine gute Struktur, die etwas schwächer als sonst sein kann (weil Spieler 2 stärker als sonst ist).
Sologegenspiel mit Anspiel:
Ich spiele am liebsten – unabhängig von der Sitzposition des Solisten – meine stärkste Farbe. Sicherlich ist aber auch das Anspiel eines Singles eine erfolgsversprechende Taktik; ich glaube aber, daß die Zahl der hierdurch geschlagenen Soli kleiner ist als beim Anspiel einer starken Farbe.
Wie ich zuvor festgestellt habe, gibt es zwei potentiell erfolgreiche Angriffe gegen einen Buben- oder Damensolo, die sich gegenseitig ausschließen, : Anspiel einer starken Farbe oder eines Singles (Var. 2 oder Var. 3). Ein Zögern des Aufspielers läßt daher darauf schließen, daß er beide Optionen hat und nun nicht weiß, wie er beginnen soll.
Ein Kontra von Spieler 2 oder 3 soll ihn nun erlösen. Welche Information soll damit transportiert werden? In Frage kommen: Asse in mindestens zwei Farben (vielleicht auch erst ab drei oder gar vier Assen?) oder mindestens zwei (vielleicht auch erst ab drei) Buben.
Werden Asse signalisiert, soll der Single gespielt werden. Werden die Buben signalisiert, muß die starke Farbe gespielt werden.
Eine vorzeitige Ansage ist nur sinnvoll, wenn der Erwartungswert dadurch insgesamt erhöht wird. In einem Umfeld, in dem Pflichtsoli gespielt werden, ist jedes Lustsolo tendenziell stark. Dies gilt insbesondere für Damensoli. Während bei nahezu jedem Buben- oder Damensoli einige Asse von Kontra gehalten werden (und deren Besitz bzw. Verteilung kaum Aussagekraft über einen günstigen oder ungünstigen Sitz erlaubt), ist die Verteilung der Buben oder Damen häufig entscheidend. Die Erhöhung des Spielwerts ist damit eigentlich nur dann vertretbar, wenn hierdurch Informationen über den Buben- oder Damensitz eingeholt werden.
Nun ist es ein Spielfehler, mit drei oder mehr Buben eine blanke Karte anzuspielen, weil man dann von Anfang an die Weichen auf Stechen und Gegenstechen stellen sollte und mit der stärksten Farbe anfängt. Ohne Buben gibt es ohnehin nur das Anspiel der stärksten Karten. Mit nur einem Buben müßte der antwortende Mitspieler vier Buben mitbringen, damit die Weichenstellung und Spielwerterhöhung sich lohnte. Die Wahrscheinlichkeit eines 3-1-4-Sitzes ist sehr gering. Dazu kann der aufspielende Spieler in diesem Fall auch durch ein vorzeitiges Kontra das Aufspiel aller Asse und starken Farben forcieren.
Eine tatsächliche Entscheidung steht an, wenn man zwei Buben, eine starke Farbe und einen Single hält. Nun reichen bereits drei Buben beim Partner, um das Spiel über die lange Farbe aufzuziehen. Hierfür besteht eine nennenswerte Wahrscheinlichkeit, nämlich 31,67%. Weiterhin kann man die Singlefarbe bei gutem Verlauf zweimal stechen, was mit Sicherheit einen gestohlenen Stich bringt, selbst wenn man dem Solisten eines As-10-x-Stellung hochgeschossen hat.
Spieler 1 fragt daher auf drei oder mehr Buben. Die Antwort erzwingt das Anspiel der starken Farbe; unterbleibt die Antwort, kann Spieler 1 aufspielen, wie er möchte.
Zurück zum ES:
S. 62: beim Buben- und Damensolo wird grundsätzlich absignalisiert, d.h. schwache Farben werden abgeworfen. Ist aber Trumpfhoheit erklärt, wird auf die Signalisierung des Asse-Solos umgestellt, also Farben direkt gezeigt durch das beilegen einer kleinen Karte. Eine 10 ist ein Voller, häufig spielentscheidend und daher keine Signalkarte! Drei Buben mit Doppelkreuz-B reichen nicht für ein vorzeitigen Kontra; dieses bleibt nach wie vor dem Solo auf Seite der Kontrapartei vorbehalten.
S. 63: Spieler 2 kann auch einen Kreuz-B fragen, ohne einen eigenen zu haben, z.B. mit drei kleinen Buben, damit ein Spieler mit 2 Buben nicht auf die Idee kommt, einen Single anzuspielen.
S. 63: Mein Lieblingstrumpfsolo: Pik As, 6 * Kreuz mit vier Trumpfvollen und Doppeldulle zu elft im Kreuzsolo. Das Normalspiel mit 5 Trumpf, blankem Pik As und Doppeldulle ist wenig erbaulich.
Das Trumpfsolo ist kaum zu schlagen. Außerdem ist es herrlich, wenn die Kontrapartei nach dem Einsammeln der ersten drei Trumpfstiche noch keine 30 Augen hat und dann keinen weiteren Stich mehr macht – trotz acht Damen.
Gegen ein Trumpfsolo sollte geschossen werden, wenn man ein As des Solisten stechen kann.
Der Ausflug in die Wahrscheinlichkeitsrechnung ist bestimmt mathematisch interessant; mir wird’s zu kompliziert. Das kann ich am Tisch nicht mehr rechnen. Bei Gelegenheit mache ich mir über die Wahrscheinlichkeiten Gedanken, die man wissen sollte.
akaSilberfux, 16. Juli 2012, um 21:46
Platzhalter 1
akaSilberfux, 16. Juli 2012, um 21:46
Platzhalter 2
akaSilberfux, 16. Juli 2012, um 21:47
Platzhalter 3
Tront, 16. Juli 2012, um 23:44
Ein Punkt, der mich im ES sehr stört, aber wohl in der Praxis häufiger Anwendung findet, ist das die 3. Farbe nachzuspielen sei, auch wenn diese eine rote Farbe ist. Für mich wenig nachvollziehbar.
Ein Beispielblatt: (Ein ähnliches hatte ich kürzlich)
Ich sitze an Position 2 damit und es wird ein Kreuz-As aufgespielt. Was mache ich?
Ich frage auf Re ab, mein Partner an Position 1 antwortet mit keine 90 und was werfe ich ab?
Natürlich den sinnvolleren Abwurf, also die Pik 10.
Nach ES müsste jetzt ein Herz-Anschub (??) erfolgen, da dies die 3. Farbe ist. Das will ich aber gar nicht. Nun müsste ich also keine 60 ansagen, habe damit ein neues Problem, denn habe ich dafür überhaupt die ausreichende Sicherheit?
Ihr versteht sicher mein Problem.
Was macht ihr denn mit dieser Karte und wie helft ihr euch?
Da ich, wie die wenigsten Spieler, denke ich, das ES aber in allen Einzelheiten auswendig gelernt haben, ist mir dieser Umstand auch erst kürzlich wieder in einer Diskussion bewusst worden. Bisher habe ich mit dieser Karte immer voll auf Re abgefragt und hatte höchstens Angst, dass mein Partner sein (schlechtes) Herz-As nun vorspielt. Dass er mich gar auf Herz anspielen könnte, hielt ich für unmöglich. Ich hätte ein Pik-Anschub oder zur Not mit Trumpf gerechnet, weil bei einer vollen Re-Abfrage eine Dulle auch zu erwarten, aber eben nicht zwingend vorgeschrieben ist.
Ex-Füchse #4596, 16. Juli 2012, um 23:58
Das steht im ES?
Ssitra, 16. Juli 2012, um 23:59
Natürlich ist das Blatt sehr speziell. Aber was machst Du wenn Du als Fehl
hast ?
Natürlich wirfst Du die Pik 10 ab.
Daher finde ich die Regelung doch noch sehr gut im ES.
Nur sehr selten kommt man in diese Not, wie Du sie vorgetragen hast.
Bei Deinen Karten und einem passenden Mitspieler würde ich lange warten um dann die Pik
Mit Deinem langem warten zeigst Du klar an, das von der Norm des ES abgewichen werden soll.
So würde ich zumindest ein langes warten interpretieren.
Somit sollte nur noch Pik oder Trumpf in Frage kommen.
Ex-Füchse #15119, 17. Juli 2012, um 00:28
Dieser Eintrag wurde entfernt.
Tront, 17. Juli 2012, um 00:28
Ok, Ssitra deine Technik des Zögerns, um auf die andere anzuspielende Farbe hinzuweisen, gefällt mir und kann man so übernehmen. Ich finde nur mein Beispielblatt nicht seltener als deines. Mit deinem Beispielblatt hat man ja bereits noch einen echten Fehlverlierer mehr auf der Hand und wenn Herz dann abgestochen wird, braucht man schon wirklich starke Trümpfe, um noch zu gewinnen.
Tront, 17. Juli 2012, um 00:37
So kann man es aufbauen, D-Light.
Ich erwarte auch niemals von meinem Partner, wenn ich an Position 3 oder 4 sitze, dass er meine abgeworfene Farbe nachspielt, da ich zu gerne von As-10 Stellungen, bisweilen auch von As-9 Stellungen Abwürfe vornehme, um den zweiten Lauf der Farbe danach zu kontrollieren. An schlechten Tischen gelingt mir manchmal nicht mal mehr der Erstlauf dieser Farbe, weil mein Partner diese sofort nachspielt. Im letzten Fall geht dann häufig sogar ein Doppelkopf an die Gegner.
Leni, 17. Juli 2012, um 00:38
Nachspiel der 3. Farbe macht in den meisten Fällen Sinn, besonders wenn du auf ein
groß abfragst (is dir schon klar, ich weiss). Ich glaube wirklich, dass dein Beispiel eher eine Ausnahme darstellt und man dann in den sauren Apfel beißen muss. Online ist verschieden langes Zögern schwer zu vermitteln.
Ex-Füchse #4596, 17. Juli 2012, um 00:42
zuletzt bearbeitet am 17. Juli 2012, um 00:42
Hier nen Herz zu entsorgen bringt doch auch schon einen Vorteil. Alles lässt sich hat nicht abdecken.
Ex-Füchse #15119, 17. Juli 2012, um 00:42
habs gelöscht, hatte ssitras Beitrag nich gelesen, in dem so ziemlich das selbe steht.
Die Analogie an Pos 3 u 4 ergibt sich daraus, denke ich auch.
Sitzt du an Pos 3 und lässt das Zögern nach der Antwort weg, würdest du von mir sehr wahrscheinlich schon die abgeworfen Farbe hingeknallt kriegen... ;-)
Friedrich, 17. Juli 2012, um 00:43
zuletzt bearbeitet am 17. Juli 2012, um 00:48
Leni: "Nachspiel der 3. Farbe macht in den meisten Fällen Sinn, besonders wenn du auf ein Herz Ass groß abfragst (is dir schon klar, ich weiss)."
Mir leider nicht... ;)
Gehört zwar zu den Dingen, die ich schon gelernt habe, aber den Sinn dahinter habe ich nie ganz begriffen. Warum hat man sich im ES nicht von Vorherein einfach darauf geeinigt die nachzuspielende Farbe direkt anzuzeigen? Was genau ist der Grund?
Ex-Füchse #15119, 17. Juli 2012, um 00:44
Naja Leni.... grad wer dich abfragt hat meist noch ca.19s Zeit zum weiterzögern....
Mit Leuten die erst die Uhr brauchen ist natürlich schwierig.
Tront, 17. Juli 2012, um 00:49
Gut, Leni. Aber falls ich auf ein Herz-As an Position 2 voll auf Re abfrage, dann muss ich doch fast immer einen schwarzen Single-Abwurf hinbekommen oder Spitzentrümpfe haben.
Vielleicht frage ich auch selbst zu selten auf ein Herz-As an Position 2 ab, weil mir das zu riskant erscheint.
boomer01, 17. Juli 2012, um 07:56
.....und da hatte ich das unschoene erlebnis, dass mich ein schlipstragender 5 sterne-trainer am tisch ziemlich wuest angegangen ist, dass ich ja wohl die grundlegenden dinge des dokos nicht beherrsche, weil ich bei einer aehnlichen konstellation die 3. farbe nicht geklaert habe...
Schelmut, 17. Juli 2012, um 12:51
Da muss ich dem Schlipsträger ausnahmsweise so richtich beipflichten ;)
Ex-Füchse #918, 17. Juli 2012, um 14:54
seid ihr eigentlich noch beim Thema bzw. war da überhaupt schon einer?
Ex-Füchse #5718, 17. Juli 2012, um 14:59
Ich glaube das Ding mit der 3. Farbe ist nicht Teil des ES.
Ex-Füchse #4596, 17. Juli 2012, um 15:15
[zitat]
Nachdem nun die wesentlichen Anfragesituationen geklärt sind, wird es Zeit die Situation des
Partners etwas näher zu beleuchten: Betrachten wir zunächst den Partner, der auf den Anfragestich
geantwortet hat. Was soll er nachspielen? Dies hängt von seiner eigenen Blattstärke ab:
Mit schwachen Blättern und Partner an Position 2 oder 3 sitzend wird auf Fehlabwurf die bessere
der beiden Farben nachgespielt (= Farbe, in der mehr Karten fehlen), sofern kein weiteres As
gespielt werden kann. Lediglich mit einem Partner, der an Position 4 sitzt sollte die gleiche Farbe
nachgespielt werden. Hieraus folgt: Der anfragende Spieler sollte an Position 3 sitzend möglichst
nicht von As x abwerfen. Bedient der Spieler den Anfragestich (nicht signifikant), so sollte immer
Trumpf gespielt werden. Ausnahme: Der anfragende Spieler sitzt an Position 2. Hier ist das
Anspiel die andere schwarze Farbe, sonst Trumpf. Mit stärkeren Blättern (= Zusatzwerte zu
[/zitat]
Das is ES, dritte Farbe haben wir, glaub ich, im OD- Forum entwickelt.
akaSilberfux, 17. Juli 2012, um 20:46
Bei Einzelaspekten, die kontrovers diskutiert werden, könnte es sinnvoll sein, Unterfreds zu eröffnen. Wenn es also weiteren Diskussionsbedarf gibt, wäre ein Follow-up to fein.
Die Variante des ES, die Noddy hier eingestellt hat, greife ich mit meinen Anmerkungen zu S. 15 an. Egal welche konkrete Nachspielvariante man wählt wird es Karten geben, bei denen das Nachspiel nicht gefällt. Um ein hohes Maß an Verläßlichkeit zu erreichen greife ich dann gerne auf den Zweck des Gesamtmanövers zurück: der Partner soll nicht abgestochen werden und der hierdurch erreichte Abwurf rechtfertigt eine k 90 - Ansage. Mit dem Abwurf sollte also ein echter Vorteil verbunden sein und das ist normalerweise das Stechen der abgeworfenen Farbe. Die Zweitrundenkontrolle ist zwar nett, aber nicht so mächtig wie die Erstrundenkontrolle. Die Variante zu zögern, um mitzuteilen, daß es im konkreten Fall doch anders ist also sonst kollidiert mit der ebenfalls möglichen zweiten Frage, im Beispielsfall auf die Dulle. Dazu habe ich Bauchschmerzen, das Zögern an Stellen einzusetzen, wo es den Spielwert nicht erhöht. Eine Ausnahme mache ich für Warnungen. Ich möchte erreichen, daß das Zögern nicht vollständig vom Überlegen abgetrennt wird, also sich die erfragte Information auch für einen starken Spieler ohne Konventionskenntnis ergeben kann und nicht nur Eingeweihte/Konventionsfeste folgen und antworten können. Diese grundsätzliche Frage "Sinn, Zweck, Entwicklung und gewollte Grenzen des Zögerns" ist wohl auch diskussionsreif.
Ex-Füchse #5718, 18. Juli 2012, um 12:29
Ich kann hier noch einmal anbieten mein Wiki zu benutzen. Das ist deutlich besser geeignet einen Text gemeinsam zu entwickeln als ein Forum. Zu jeder Seite gibt es eine Diskussionsseite etc.
Einige nutzen das Wiki schon für den Trainingsbereich. Wie gesagt, nur ein Angebot. Man muss sich anmelden (http://mwolff.info/doko/) und mir eine Mail mit dem Nicknamen sagen ([email protected]), damit ich die entsprechenden Rechte setzen kann.