Unterhaltung: Feiertage anderer Religionen - schulfrei oder nicht?

Fanthomas, 29. Oktober 2012, um 10:05

@Stoni

Micha, Du vermischst hier andauernd Wertekonsens mit Weltanschauung. Natürlich vermitteln Ethikunterricht und Religionsunterricht beide einen sehr ähnlichen Wertekonsens. Aber der Religionsunterricht ist im Gegensatz zum Ethikunterricht nicht weltanschaulich neutral. Christlicher Religionsunterricht wird selbstverständlich stark die christliche Sicht auf die Welt vermitteln. Das ist für Angehörige der christlichen Religion durchaus legitim, kann aber niemals für alle verpflichtend sein. Denn wir leben hier zum Glück inzwischen in einem Land, wo Religionsfreiheit herrscht und die Trennung von Staat und Religion zwar noch nicht perfekt, aber doch weit fortgeschritten ist.

Als Atheist würde ich es nicht akzeptieren, dass meine Kinder verpflichtend an einem Religionsunterricht teilnehmen müssen. Nur der Ethikunterricht ist geeignet, übergreifend für alle einen Wertekonsens zu vermitteln. Und er ist auch geeignet, die Kinder mit den verschiedenen Religionen bekannt zu machen, ohne eine bestimmte zu bevorzugen oder als die absolute Wahrheit zu verkaufen. Verpflichtender Ethikunterricht ist daher gut. Verpflichtender Religionsunterricht an staatlichen Schulen halte ich dagegen für sehr bedenklich und ist meines Erachtens sogar verfassungswidrig. Religionsunterricht kann nur ein freiwilliges Zusatzangebot zum Ethikunterricht sein.

Ex-Füchse #365, 29. Oktober 2012, um 10:55

Thomas, Du hast natürlich recht mit Deiner Kritik an den beiden von mir zuletzt genannten Tabus.
Aber genau DAS fordere ich z.B. von einem guten Ethikunterricht. Dass man auch solche Tabus hinterfragt, sie untersucht, konkretisiert usw.
Selbst für das wichtigste Tabu (Du sollst nicht töten), kann es Ausnahmen geben. Ich erinnere hier wieder mal an die Hitler-Attentäter.
Und auch das Eigentumstabu (Du sollst nicht stehlen) hat seine Einschränkungen wie z.B. den Mundraub. Selbstverständlich ist es nicht unethisch zu stehlen, wenn es darum geht sich selbst oder andere Menschen vorm Verhungern zu bewahren.

Lottospieler, 29. Oktober 2012, um 11:10
zuletzt bearbeitet am 29. Oktober 2012, um 11:28

'Religionsunterricht ist grundsätzlich durch die Kirche geprägt und grenzt Andersgläubige aus'
genau das ist ja das Problem:
er muß es aber nicht, ich denke er darf es gar nicht im Sinne des Grundgesetzes das 'Religionsfreiheit' ausdrücklich vorschreibt.
Das es auch anders geht zeigt das erwähnte Beispiel vor über 40 Jahren. Kann das ernsthaft stimmen das man in den 60ern und 70ern weiter war als heute?

Lottospieler, 29. Oktober 2012, um 11:23
zuletzt bearbeitet am 29. Oktober 2012, um 11:29

wenn ich mich recht erinnere war schon das 'beten' keine Pflicht, es wurde auch nicht in der Bibel gelesen, es wurden auch allgemeine Probleme behandelt die Jugendliche so haben in diesem Alter mit Sexualität, Beziehungen, allgemeinen Dingen, Lebenszielen usw usw, also war es schon viel mehr ein Unterricht in Richtung Ethik. Dazu muß ich sagen das es ein evangelisch geprägter Religionsunterricht war, vlt ziemlich einzigartig und Jugendliche an der Schule wo ich war sich schon damals in keinster Weise etwas vorschreiben ließen was Glaubensfragen anbelangt, sie viel mehr Interesse zeigten an den oben erwähnten Fragen, darauf Antworten haben wollten und die Lehrer darauf eingingen.
'Über welche Themen wollen wir sprechen?' das waren Fragen des Religionslehrers (!!!) und so kamen Diskussionen zustande die Sinn machten.

akaSilberfux, 29. Oktober 2012, um 11:29

Es kann schon keinen Wertekonsens geben! Eine Wertekonsens setzt neben den einzelnen Werten auch noch eine Hierarchie voraus, die bei Konflikten der Werte eine Abstufung erlauben (vgl. unser Grundgesetz mit nur einem absoluten Grundrecht). Jede Weltanschauung, jede Philosophie, jede Religion hat ihre Kernwerte, deren unterschiedliche Hierarchie Konsequenzen für ernsthafte ethische Probleme mit sich bringt.

Außerdem: wer soll denn den Wertekatalog definieren, an dem sich der Ethikunterricht orientiert? Der Staat? Das wäre dann tatsächlich ein klarer Verstoß gegen die weltanschauliche Neutralität des Staates, nämlich der Entwurf einer staatlichen Philosophie bzw. Weltanschauung.

Der Religionsunterricht ist quasi eine Art Präsentation einer Religion in der Schule, aber nicht durch die Schule und damit auch nicht durch den Staat. Die Kirchen haben verfassungsmäßige Rechte, vgl. Art. 140 Grundgesetz i.V.m. Art. 136 u.a. Weimarer Reichsverfassung.

Nichts gegen eine gute Wertediskussion! Wenn wir uns auf dem Boden unseres Grundgesetzes bewegen wollen, sollten wir aber mit der Würde des Menschen anfangen ("Respekt"!). Leben, Eigentum, Ehe - sicherlich wichtig, aber niemals absolut. Ehrlichkeit ist nur fürs Verfahren wichtig und wird überbewertet.

Biotischer-Gott, 29. Oktober 2012, um 11:30

Was hat die eigentlich immer mit Hitler, das ist doch voll old-school. Wen kann man denn heutzutage ausnahmsweise umbringen, Luschenqueen?

Lottospieler, 29. Oktober 2012, um 11:32

Religionsunterricht macht doch vor allem in unserer Zeit nur noch Sinn wenn nichts tabuisiert wird und auf die Fragen der Schüler vorbehaltlos eingegangen wird. Der Unterricht muß eine Art 'Lebenshilfe' sein jedenfalls nach meiner Meinung.

Stoni, 29. Oktober 2012, um 11:42

Thomas, als frei gläubiger Mensch würde ich es auch nicht akzeptieren, dass meine Kinder verpflichtend an einem Religionsunterricht teilnehmen müssen. Davon redet doch wirklich niemand?! Ich rede davon, dass die Kinder verpflichtend an einem Religions- oder Ethikunterricht teilnehmen.

"Aber der Religionsunterricht ist im Gegensatz zum Ethikunterricht nicht weltanschaulich neutral."
Zum Glück! Wir leben auf Basis einer christlich geprägten Kultur- und Wertegeschichte ...
Nicht neutraler Ethik-Unterricht für alle. Für die Eltern, die sich einen Religionsunterricht wünschen, soll dies eben möglich sein.
Mit einer offensiven und bewertenden Vertretung christlicher Weltanschauung und Werte.
Wer dies nicht wünscht, nimmt einen neutralen Ethik-Unterricht.
Wo ist das Problem? Ich wünsche mir nur die Möglichkeit, dass meine Kinder christliche Werte vermittelt bekommen. Nicht die Verpflichtung ... für keinen.

Biotischer-Gott, 29. Oktober 2012, um 11:56

Ich fasse zusammen: Stehlen ist also selbstverständlich [nicht unethisch], Forumshase wünscht sich Islamunterricht an deutschen Schulen und kommt bald in die 8b, Stoni findet es super, dass der Reliunterricht ihm die Kindererziehung abnahm da Frau weg, Noddy hatte eine harte Kindheit, Seb ist verkappter Kapitalist, Jule zartbesaitet, Leben ohne Leberwurststulle ist doch kein Leben, Sunny fährt im Urlaub gerne mal ins Ausland, mag Cappuccino und Döner, Bauchgefühl sagt immer Pik, ich habe meine Kinder ja immer so und so erzogen bla, Sprachlos deutet Entschuldigungen nur an, Laternenpfähle gibt es heute viel mehr als 1789.

Doc_Jule, 29. Oktober 2012, um 13:40

ich plädiere nach wie vor dafür, Religionsunterricht nicht mehr als Schulfach anzubieten, Religion sollte Privatsache sein, und hat daher, schon gar nicht in Form konfessionsgebundenen Religionsunterrichts, in der Schule als staatlicher Institution keine Berechtigung.
Ganz anders hingegen sehe ich vielfältige Möglichkeiten, die ein Fach "Ethik" bietet. Grundschüler müssen nicht zwingend gleich mit den Antworten von Religion und Philosophie konfrontiert werden, um im Klassengespräch Themen wie Freundschaft, Ehrlichkeit, Umwelt, Mut, Diebstahl oder Streit zu behandeln, daraus ergäbe sich für mein Empfinden sogar eine großartige Möglichkeit, das Erarbeitete zu leben und gegebenfalls auch zu hinterfragen, warum es z.B. trotzdem hin und wieder zu Konflikten innerhalb einer Gruppe, in diesem Fall die Klassengemeinschaft, kommen kann.
In der Mittelstufe sollten Themen wie Partnerschaft, Treue, Familie, Tod, Verantwortung, Sexualität, also Themen, die für diese Altersgruppe wichtig sind, dazu kommen, hier könnten dann auch unterschiedliche philosophische und religiöse Ansätze mit einfließen. In der Oberstufe schließlich wäre eine Vertiefung einzelner Themen unter Brücksichtigung von Philosophie und Religion denkbar.
Ich stelle mir also einen Ethikunterricht vor, der mehrere Fächer übergreift und in dem Themen altersgerecht behandelt werden, wobei die Übergänge fließend sein können.
Das erfordert natürlich zunächst einiges an Gedankenarbeit, um hierfür Inhalte und Lehrpläne zu schaffen, die dem Fach die hier häufig bemängelte "Unverbindlichkeit" nehmen würden.

Doc_Jule, 29. Oktober 2012, um 15:16

@Stoni
"....Ich wünsche mir nur die Möglichkeit, dass meine Kinder christliche Werte
vermittelt bekommen...."
Zu diesem Zweck gibt es doch Angebote der christlichen Gemeinden, wie Kindergottesdienste, dazu ist ein Unterrichtsfach "Religion" meines Erachtens überflüssig....

Stoni, 29. Oktober 2012, um 15:25

Nein, ist es für mich nach wie vor nicht, sondern Teil der schulischen Bildung ... für Gläubige im Religions-Unterricht für Nichtgläubige eben im Ethik-Unterricht. Alles andere sind zusätzliche Vertiefungen. Wo ist das Problem?

Ex-Füchse #2525, 29. Oktober 2012, um 15:37

Was ist denn dann z.Bsp. mit dem Muslimischen Papa und der Mama? Dürfen die dann auch einfach am Arbeitsplatz fehlen??

Für mich wäre das die Konsequenz aus dem, was viele hier schreiben.

Cliff, 29. Oktober 2012, um 15:52

Ich weiß nicht wie lange das bei euch schon her ist mit dem Religionsunterricht, aber bei mir gab es einen Lehrplan, der von Pädagogen (meist mit Religionswissenschaftsstudium) umgesetzt wurde.

Dieser war in zu Beginn das “Studium” der Bibel, behandelte zu einem späteren Zeitpunkt den Blick über den Tellerrand, also andersartige Religionsauffassungen und konkrete und allgemeine Kritik an der Religion (dieser war natürlich auch immer nur so gut wie der Lehrer).

Es wurden auch Werte vermittelt, aber nicht so wie das hier öfters anklingt, in Form von Anerziehung, sondern in Form der (historischen) Erklärung, worauf eine Vielzahl der westlich-christlichen Wertevorstellungen gründen.

Solange in dem Unterricht zumindest eine kritische Auseinandersetzung vorgesehen ist, finde ich Religionsunterricht nicht falsch.

Klonschaf, 29. Oktober 2012, um 15:59

Als bei mir der Konfirmandenunterricht losging, war ich froh, dass ich in der Schule schon mal Religion hatte.
Da konnte ich dann mit meinem Vorwissen richtig schön angeben ...

Goldmurks, 29. Oktober 2012, um 16:02

Jetzt weiß ich auch, warum ich für die Trennung von Kirche und Schaf bin.

Ex-Füchse #365, 29. Oktober 2012, um 16:10
zuletzt bearbeitet am 29. Oktober 2012, um 16:35

@Goggel
Das mit den freien Tagen für die Erwachsenen lässt sich doch eigentlich relativ einfach regeln.
Erstens legen mittlerweile viele Firmen für ihre Mitarbeiter Arbeitszeitkonten an.
Da könnte ein Arbeitnehmer halt an den betreffenden Feiertagen seine Überstunden abbauen oder Minusstunden machen. Auch unbezahlte Urlaubstage wären denkbar oder der Mitarbeiter nimmt ganz einfach nen regulären Urlaubstag. Wo ist da das Problem?
Ich hatte lange Zeit in der Klinik einen muslimischen Kollegen. Der hat uns jedes Jahr den ansonsten schwer zu besetzenden Nachtdienst zu Heiligabend abgenommen. Dafür haben wir anderen dann auch nicht gemeutert, wenn dieser Kollege an Tagen wie dem Opferfest oder dem Fastenbrechen bei der Urlaubsregelung bevorzugt wurde.
Eine gewisse Schwierigkeit würde ich allenfalls bei Lehrern sehen, deren Urlaub ja an feste Ferienzeiten gebunden ist.

Ex-Füchse #4596, 29. Oktober 2012, um 16:32

Stoni, warum setzt Du christlich immer mit gut gleich? Die christliche Religion hat kein Monopol darauf.

Cliff, Du beschreibst Kaffeefahrten und ich sehe vergleichbare Vorgehensweisen Motivationsmaschen von Schneeballsystemen und da fällt uns allen sicher nix positives zu ein.

Mal ein neuer Begriff, unsere Gesetzgeber kennen die guten Sitten als Moralbegriff, der sollte zumindest von Relegionen entkoppelt sein.

Religionsunterricht als Opt- Out ist inakzeptabel, Ethikunterricht als Pflicht is problematisch, da is die Gefahr zu groß, daß dieser Unterricht tendenziös abläuft und vom Bekenntnis des Lehrers abhängig ist. Es muss Eltern auch zugestanden werden ihre Kinder da jedwedem Einfluss zu entziehen. Ansonsten gibt es andere Fächer in denen die einzelnen Themen aufgegriffen werden können.

Und nochmal Stoni, Glauben is kein Wert.

Ex-Füchse #2525, 29. Oktober 2012, um 16:45
zuletzt bearbeitet am 29. Oktober 2012, um 16:46

Eva:

Die Konsequenz von absoluter Religionsfreiheit - so wie hier von vielen gefordert - wäre eben nicht, sich drum kümmern zu müssen. Das hiesse: fern bleiben und gut ist, ist ja Feiertag. Und wenn schon: Dann hätten Lehrer ja wohl doch dasselbe Recht, wie Schüler - geht ja hier um Glauben und nicht um Kinder und Erwachsene - oder? :-)

Für mich purer Nonsens! Sowohl in der Schule als auch am Arbeitsplatz!

Wo das hin führt, sehen wir in Spanien im Moment ganz gut. Kann mir nicht vorstellen, dass es ein anderes EU-Land mit soooo vielen unterschiedlichen regionalen Feiertagen gibt. Bei uns auf Teneriffa hat jedes DORF seine eigenen. Schulen sind dann an diesem Tag geschlossen, 2 km weiter müssen die Eltern aber zu Arbeit gehen. Trifft es dann die Eltern, muss der Junior in die Schule.

Religionsfreiheit: IMMER JA und ohne wenn und aber. Aber wenn ich mich in einen fremden Kulturkreis begebe, dann muss ich auch mit der ein oder anderen Einschränkung leben können.

Das gilt ja hier für mich auch. Oder soll ich mich jetzt am 2ten Weihnachtsfeiertag, den es hier z.Bsp. nicht gibt auf die Strasse setzen und mein "Recht" einfordern? :-)

Ich weiss, die Meinung wird nicht vielen gefallen: Aber für mich steht ein geordneter und geregelter Ablauf sowohl im schulischen System als auch in der Wirtschaft eines Landes vor pers. Glaubensinteressen.

Goldmurks, 29. Oktober 2012, um 16:51

Auf Teneriffa würde ich mich an den Strand setzen und dort mein Der-2.-Feiertag-ist-mir-heilig-Recht einfordern!

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