Octopussy, 21. Oktober 2020, um 09:32
zuletzt bearbeitet am 21. Oktober 2020, um 09:45
Übrigens ist das für mich die entscheidende Frage: Wieviele Coronatote pro Tag/Monat/Jahr sind akzeptabel?
Wir werden es nie mehr auf Null schaffen. Schaffen wir in anderen Bereichen, die viel besser erforscht sind ja auch nicht.
Ich denke mit 10k pro Jahr müssen wir leben. Wenn man davon ausgeht, dass jeder Coronatote 10 Jahre Restlaufzeit hatte, dann verringert sich die durchschnittliche Lebenserwartung eines Menschen in Deutschland um wenige Tage.
Das hört sich kalt und nüchtern an und ist ein schwacher Trost für Familien, die jemanden verlieren, aber der Tod gehört zum Leben dazu und der eine stirbt an Corona, der andere an Krebs. Traurig ist beides, aufzuhalten beides nicht.
Die 10k (30 pro Tag) gelten natürlich für D (83 Mio).
Dass man im ersten Jahr einer neuen Krankheit mehr Menschen verliert ist wohl auch offensichtlich. Dass man viel tun muss, um überhaupt die 10k/Jahr zu erreichen auch.
Aber "jeder Coronatote ist einer zu viel" ist eben Unsinn, weil viel zu pathetisch und unrealistisch.
Ex-Füchse #131357, 21. Oktober 2020, um 10:20
Wer soll entscheiden? Ich fand die Idee ganz sexy, dass die gesetzgebende Gewalt das macht.
Stoni, 21. Oktober 2020, um 11:21
Octo, sorry, auch wenn wir inhaltlich gar nicht so verschieden sind, aber irgendwie stellen sich bei mir sämtliche Nackenhaare auf, wenn ich bei der Diskussion um Tote Menschen Bezeichnungen wie 10k lesen muss ... das erinnert mich an "1kg Rindfleisch bitte" ... Es geht um tote Menschen ... und die haben auch nicht nur ein paar Tage "Restlaufzeit" (würg!) ... ja, wir müssen wohl mit 10.000 toten Menschen pro Jahr rechnen und fertig werden ... aber bitte mit Respekt ... und selbst ein 90 Jähriger in DEU hat immer noch eine Lebenserwartung von 4 Jahren!
Seb1904, 21. Oktober 2020, um 11:56
Ein bisschen was für Freunde der rudimentären Stochastik:
https://scilogs.spektrum.de/fischblog/warum-die-fallzahlen-trotz-masken-so-stark-steigen/?utm_source=pocket-newtab-global-de-DE
Cabeza_doble, 21. Oktober 2020, um 12:25
zuletzt bearbeitet am 21. Oktober 2020, um 12:31
Danke, Stoni!
So ähnlich ging es mir auch beim Lesen von Octos Text.
Und den Link von Seb finde ich sehr gut.Mathematik für Lai*innen verständlich erklärt.
Ex-Füchse #131357, 21. Oktober 2020, um 13:02
zuletzt bearbeitet am 21. Oktober 2020, um 13:03
Gestern im Brennpunkt des ZDF: Selbst wenn eine Impfung kommt gibt es Kapazitäten von ca. 60.000 am Tag. Um Deutschland durchzuimpfen (ca 60 Mio) braucht es demnach 1000 Tage, also ca .3 Jahre. Es ist nicht nächstes Jahr vorbei!
Octopussy, 21. Oktober 2020, um 13:03
zuletzt bearbeitet am 21. Oktober 2020, um 14:08
Ja, könnt ihr so empfinden, aber so isses nun mal. Schwingt euch doch nicht zu Moralaposteln auf. Ich könnte euch zig Verhaltensweisen aufführen, die durch euren Lebensstil zu Toten führen, die ihr (unwissentlich) hinnehmt.
Dass ein 90 jähriger noch 4 Jahre lebt ist ja schön für ihn. Ändert aber nichts daran, dass ein Coronatoter eine Lebenserwartung (wegen mir auch so wenn euch das andere Wort nicht gefällt) von 10 Jahren max hat.
Abgesehen davon führen auch die Maßnahmen zu Toten, die man noch gegenrechnen muss.
Wir können nicht alle retten, also sollte man das weder versuchen noch so tun als wolle man das. Dies gehört ins Reich der Träume und Elfen.
@stoni: die paar Tage weniger Lebenserwartung beziehen sich auf die Gesamtbevölkerung. wenn euch Lebenserwartung wichtig ist, solltet ihr euch vegan ernähren, in Kanada leben, kein Alkohol und Zigaretten zu euch nehmen und in kein Auto mehr steigen. dann erwartet euch ein langes, gesundes Leben.
Octopussy, 21. Oktober 2020, um 14:49
zuletzt bearbeitet am 21. Oktober 2020, um 15:17
Gedankenbeispiel:
Wir schreiben das Jahr 2050. Corona ist immer noch da. Schwilli hat die 70 mittlerweile überschritten und gehört selbst zur Risikogruppe, hat aber noch eine Restlaufzeit von ca. 20 Jahren.
Wir verzeichnen in D jedes Jahr 10.000 Coronatote. Die Vergangenheit hat uns gelehrt, dass das Verbot privater Feiern und Zusammenkünfte in geschlossenen Räumen mit mehr als 10 Personen 1% Opfer verhindert (also 100 Menschenleben rettet).
Wer würde solch einer Maßnahme dauerhaft zustimmen?
Ich persönlich würde lieber das Risiko eingehen zu den 100 zu gehören, dafür aber Feste mit meiner Großfamilie auch die Wintergeburtstage und Weihnachten zu feiern.
Wem die Maßnahme zu drastisch ist oder die Zahl zu gering, dem schneider ich ein passendes Beispiel.
Gerne führe ich aber nochmal Thema Autofahren auf: Wenn wir bereit wären alle immer Tempo 30 zu fahren, würden wir wohl über 3000 Menschenleben im Jahr retten. Wer wäre dazu bereit? Ich ebenfalls nicht. Allerdings eher als auf die Feiern zu verzichten. Für weite Strecke nähme ich eben den Zug.
Stellen sich eure Nackenhaare jetzt immer noch auf? Oder entdeckt ihr an euch jetzt auch gefühlskalte Seiten? Oder verschließt ihr davor lieber die Augen. "Was ich nicht weiß macht mich nicht heiß!" finde ich übrigens eine legitime Strategie. Dann sollte man aber nicht in öffentlichen Foren diskutieren.
Das Problem sehe ich in den großen Zahlen:
83 Mio Einwohner bzw 900.000 Tote pro Jahr kann man sich nur schwer vorstellen. In Kombi mit Lebenserwartung erst recht nicht. Da hilft die Mathematik mMn schon weiter: durchschnittlich 3 Tage Lebenserwartung opfern für mehr Komfort weil weniger Einschränkungen hört sich für mich nach einem fairen Deal mit der fiesen Schlange Corona an, die uns zZ fest im Würgegriff hat. Ist aber halt alles hypothetisch, aber so Gedankenspiele sollte man mMn schon machen: Wieviel Annehmlichkeiten bin ich bereit für wie viel Lebenserwartung mehr zu opfern.
Zumindest hoffe ich sehr, dass sobald verlässliche Zahlen vorliegen Politiker genau diese Rechnung aufmachen werden und nicht mit der Devise "Jedes Opfer ist eines zu viel" an die Sache rangehen. Aber warum sollten sie es tun. Machen sie ja sonst auch nicht...
Cabeza_doble, 21. Oktober 2020, um 19:54
Octo,
Du hast ganz offenbar nicht begriffen, was Stoni Dir sagen wollte.
Man kann so eine Auffassung vertreten wie Du, Stoni sagt doch selber, dass er in vielen Punkten bei Dir ist. Aber so, wie Du Deine Meinung formulierst, kommt das schon sehr empathie- und respektlos rüber.
Dass Du, wenn es um verstorbene Menschen geht, den Begriff 10k benutzt, erschreckt schon.
Eine solche Zahlenangabe kann man machen, wenn es um technische Dinge geht oder um Geld oder meinetwegen die jährliche C02-Produktion, aber doch nicht, wenn man von Menschen, ja nicht einmal, wenn man von Tieren spricht. Sowas ist empathie- und würdelos.
Und JA, das Wort "Restlaufzeit" in dem Zusammenhang ist einfach grauenvoll.Es geht mir jetzt gerade übrigens keineswegs darum, wie Du die Anti-Corona-Maßnahmen bewertest. Dass Du da einiges anders siehst als ich, weiß ich, ist aber OK. Doch das ist nicht der Gegenstand meines momentanen Erschreckens.
Ich will jetzt nicht noch deutlicher werden und schreiben, woran ich denken muss, wenn Leute den Tod mit solch technokratischen Begriffen versehen. Vielleicht kommst Du ja selber drauf.
Hase_Hase, 21. Oktober 2020, um 20:30
Ich lese viel Empathie für die Alten raus und deren Bedürfnisse mit ihrer Familie sein zu wollen.
Frollein_Schmutz, 21. Oktober 2020, um 23:24
"... dass ein Coronatoter eine Lebenserwartung [...] von 10 Jahren max hat."
Die Zahl 10 halte ich in diesem Kontext für deutlich zu optimistisch angesetzt
Kvothe, 22. Oktober 2020, um 02:26
Das Wort Lebenserwartung durch den Begriff Restlaufzeit zu ersetzen ist eine Art von Humor der in Anbetracht der gefühlten Lage als Grenzüberschreitung gewertet werden kann. Muss er aber nicht, denn liest man den Beitrag und hat dabei den Kontext der vorherigen Diskussion vor Augen so ist doch auffällig, dass hier keineswegs gefordert wird über Menschenopfer nachzudenken, sondern lediglich der Versuch gestartet wird, auf eine Lösung im Umgang mit dieser Pandemie zu hoffen, die auch die drastischen Folgen einiger Maßnahmen auf der anderen Waagschale platziert.
Der Tod gehört zum Leben dazu, auch wenn er in unserem Kulturkreis leider gesellschaftlich tabuisiert wird und wenn wir über die Gefahren für bestimmte Altersgruppen sprechen und schreiben, täten wir gut daran nicht nur über, sondern mit den Betroffenen zu reden. Deren Auffassung der Situation kann erheblich von dem abweichen was wir, die wir nicht betroffen sind, ihnen zuschreiben.
Zum Thema gelebter Infektionsschutz:
Die Verpflichtung auf der Straße in der Innenstadt einen Mundschutz zu tragen ist eine Maßnahme die nach ganz viel Sicherheit ausschaut, in vielen zugehörigen Straßen jedoch absoluter Humbug ist, da diese kaum begangen werden.
Stark frequentiert sind hingegen die Einkaufskorridore der Distributoren des Einzelhandels und die Gänge zwischen den Regalen sind schmaler als der gewöhnliche Gehsteig, liegen innerhalb geschlossener Räume und die dort anzutreffenden Personen scheren sich in auffälliger Art und Weise nicht um die Einhaltung des Mindestabstandes.
Warum verpflichtet man die Betreiber nicht die Einhaltung des Abstandes durch ein Kundenstromleitsystem zu erleichtern?
Wer in einer Aldifiliale die Aussengänge entgegen der üblichen Laufrichtung mit Einkaufswagen nutzt wurde seit jeher auf eine Stufe mit Geisterfahrern gestellt und wie beim Autoscooter auf dem Jahrmarkt zum rammen freigegeben. Auf den beiden innenliegenden Gängen, rund um die ständig wechselnden Warenangebote und die Gemüsestände regiert die Anarchie und das Recht auf Unversehrtheit wird durch das Recht des Dummen außer Kraft gesetzt.
Warum wird hier nicht regulierend eingegriffen? Um das Einkaufserlebnis der Kunden nicht zu schmälern? Um Umsatzverluste zu vermeiden wohl eher und da muss meiner Meinung nach der Hebel angesetzt werden und der Einfluss der Lobbyisten drastisch reduziert werden.
Wieviele vermutlich vermeidbare Infektionen entsprächen einem prognostizierten Umsatzrückgang von 1-3 Prozent? Die meisten Kleinbetriebe erleben durch strikte, teilweise überzogene oder gar unsinnige Vorgaben erhebliche größere Einbußen, das bestehende Missverhältnis lässt sich problemlos bis in Notstandsverordnungen hinein übernehmen.
Stoni, 22. Oktober 2020, um 07:19
Ja, Eva, Denke und Sprache beeinflussen sich. Wenn man nur noch sehr geringe Restlaufzeiten hat, dann haben sich die Investitionen ja auch bereits amortisiert, und man kann abschalten bzw. verenden lassen. Selbst bei 10 Kilo Toten bleiben ja noch mehr als genug übrig, gerade von denen, die bereits schon lange gelaufen sind. Da entlastet Corona sogar noch die Rentenkassen ... 2 Fliegen mit einer Klatsche.
Stoni, 22. Oktober 2020, um 07:38
Das mit dem Feiern muss man halt vorsichtig angehen ... ich sehe in meinem Mikrokosmos bspw. eine vernünftige Abwägung. Ich besuche auch noch regelmäßig meine Stammkneipe ... da sitzen jetzt noch die Hälfte von früher, so 10-15 Leute verteilt im großen Raum ... meist immer dieselben ... auf Weihnachtsfeiern mit zusätzlich je 20-30 bzw auf den wöchentlichen Musikabend mit 40-50 Gästen verzichtet der Wirt bereits seit März, schweren Herzens, zeitweise musste er ja auch. Für den bedeutet das aber gewaltigen Einnahmenverzicht, existentielle Gefährdung ... und trotzdem handelt er so sozial ... und der Vermieter zieht mit.
Wir müssen uns halt so lange beim Feiern und Veranstalten zurücknehmen, bis wir wissen, dass Corona nicht mehr so tödlich ist wie im Frühling ... sonst riskieren wir Tod bzw Isolation vorerkrankter oder älterer Menschen. Private Feiern und Zusammenkünfte in geschlossenen Räumen auf 15-25 Personen zu begrenzen, sollte machbar sein.
Stoni, 22. Oktober 2020, um 07:47
In der Wirtschaftswissenschaft gibt es das sog. Paretoprinzip, dass 80 % der Ergebnisse mit 20 % des Gesamtaufwandes erreicht werden. Die verbleibenden 20 % der Ergebnisse erfordern mit 80 % des Gesamtaufwandes die quantitativ meiste Anstrengung.
Will sagen: um die Todeszahlen und die Ausbreitung signifikant zu verringern, einzudämmen ... sollten wir uns wenigstens auf die machbaren 20% verständigen ... so viel Verantwortung sollte möglich sein.
Octopussy, 22. Oktober 2020, um 08:01
zuletzt bearbeitet am 22. Oktober 2020, um 08:02
Nur nochmal für mich zum Verständnis. Evtl habe ich ja was falsch verstanden:
Wir diskutieren gerade darüber, ob 10k vs 10.000 (oder muss man im Zusammenhang mit dem Tod evtl die Zahl ausschreiben und mit Ausrufezeichen versehen und groß schreiben: "ZEHNTAUSENDE!!!") pietätslos ist?
Wenn dem so ist, dann sollten wir wirklich ALLES tun, um den Tod jedes einzelnen zu verhindern.
Dann sollten wir aber auch nicht mehr "Tote" schreiben, sondern "Dahingeschiedene" oder "vernichtetes Leben". Auf jeden Fall aber muss eine solche Diskussion nicht sachlich, sondern möglichst moralisch, selbstverständlich mit der eigenen Moral, geführt werden.
Erfahrung von gestern:
Die Schulleitung, die von uns Maskenpflicht und Querlüftung alle 20 Minuten fordert, hat bei der Konferenz jedes Mal wenn ich die Fenster geöffnet habe, diese nach wenigen Minuten wieder geschlossen, weil ihr kalt war. Wein predigen und Wasser saufen. Ich sag's immer wieder.
@Impfmuffel:
https://www.tagesschau.de/investigativ/ndr/corona-lebenserwartung-101.html
Ich habe mal zwecks einfacherer Rechnung (darf man denn überhaupt rechnen wenn es um Ausdemlebengerissene geht?) gerundet.
Hase_Hase, 22. Oktober 2020, um 08:08
Ich bin übrigens tatsächlich mal wieder beeindruckt von der Lernbereitschaft der Schulkinder. Ungeachtet ihrer eigenen häuslichen Vorbilder, die sich teils rauchend, beschwerend, abenteuerlustig im Parkverbot parkend ohne Mindestabstand und Maske vor dem Eingangstor tummeln, stellen sie sich sich mit Maske, Abstand und Anstand auf ihren Aufstellplatz.
Die Dumpfbacken sind echt woanders zu finden.
Octopussy, 22. Oktober 2020, um 08:11
zuletzt bearbeitet am 22. Oktober 2020, um 08:21
Ich zitiere einen Vater eines Volleyballschützlings, der gefragt hat, ob das Training stattfindet und ich ihm antwortete, er soll seine Kinder bereits umgezogen rüber schicken, um die Situation in der Umkleide zu entspannen:
"Danke! Ich schick die Kids in Sportklamotten rüber 🙂 (glaube eh dass das Problem die Erwachsenen sind, wenn ich mir die WhatsApp Party Status Bilder so anschaue und nicht die Kinder)"
Die Kids sind auch die, die während einer Wanderung die Masken auflassen. Finde ich nicht gut, aber überlasse ich ihnen.
Übrigens diskutieren wir in einem anderen Kontext über den Wandel der Sprache. An einigen geht obv komplett vorbei, dass sich Internetsprache von gesprochener Sprache massivst unterscheidet!!! einself!!!11!!