Unterhaltung: Krankes Land?

Doc_Jule, 28. März 2012, um 08:03

Stoni, du schreibst:
"Leistung als Basis einer Elite ist komplexer zu diskutieren. "
Warum wird von den meisten Verbindungen dann der Hälfte der Menschheit (den Frauen) per se abgesprochen, durch Leistung Zutritt zu erlangen?
Ich kann hier wieder nur auf meine Erfahrungen aus meiner eigenen Studienzeit zurück greifen. Die begehrten Unterassistentenstellen an den Kliniken und Instituten wurden unter der Hand ausschließlich mit Verbindungsbrüdern besetzt. Die wenigen Kommilitoninnen, die es "geschafft" hatten, mussten den Weg über´s Bett nehmen.....
Heute wird es vermutlich etwas anders aussehen, da mehr als 90% der Studienanfänger in meinem Fach weiblich sind...
Übrigens widerspricht natürlich auch der Ausschluss weiblicher Mitglieder in den meisten Verbindungen meinem Demokratieverständnis.....ein weiterer wichtiger Grund, diese abzulehnen

Seb1904, 28. März 2012, um 08:14

1. Sämtliche Korporationen sind parteipolitisch unabhängig. Einige sind per definitionem unpolitisch, andere sehen sich als politisch (interessierte) Organisationen.
2. Es gab und gibt in so gut wie allen Parteien Korporierte, wobei ich mir bei der Linken nicht sicher bin. Zumindest kenne ich keinen. Grüne gibt es auch in meinem Verband und Bund zu Genüge. Selbst bei Piratens sind mir schon Beispiele bekannt.
3. Korporierte in der SPD haben eine lange Tradition, angefangen bei ihrem Gründer, Ferdinand Lassalle, Burschenschafter aus Bonn.
4. Die Ideale des Lassalle-Kreises sind aus parteipolitischer Sicht formuliert - sie werden auch nur innerhalb der SPD-Korpos zirkuliert, auch wenn sie öffentlich zugänglich sind. Da es den Lassalle-Kreis erst seit etwa 5 Jahren gibt, kann es nicht überraschen, daß er noch nicht sonderlich bekannt ist.
5. Auch der ADAC gewährt seine Hilfe vornehmlich seinen Mitgliedern. Gleiches gilt für die Gewerkschaften. Sind das Eliten?
6. Eliten sind Teil jeder Gesellschaft. Wer sie unterdrückt, nivelliert und behindert Entwicklungen.
7. Eine Aus- oder Abgrenzung zur Gesamtgesellschaft findet nicht statt. Korporationen sind Teil der Gesamtgesellschaft unseres Landes. Jeder, sofern studierend, kann Mitglied einer studentischen Verbindung werden.
8. Einzelne Verbindungen haben bestimmte Aufnahmekriterien wie Religion oder Geschlecht. Das macht aber jeder Männergesangsverein oder Kirchenchor genauso. Im übrigen auch jede Zunft oder Standesvereinigung. Das ist auch nicht grundrechtswidrig, da die Korporationen wie die allermeisten privatrechtlichen Zusammenschlüsse, Vereine, Verbände, Sportklubs etc. nicht grundrechtspflichtig sind. Sie haben keine Monopolstellung und sind daher nicht verpflichtet, jeden aufzunehmen. Über die Aufnahme entscheidet wie in jedem anderen Verein auch die Mitgliederversammlung oder in deren Auftrag der Vorstand.
9. Gerne wird immer wieder behauptet, es gebe Verbände, insbesondere die Deutsche Burschenschaft, die keine Wehrdienstleistenden oder Ausländer aufnehme. Diese Behauptung ist allerdings falsch. Sie wird durch ständige Wiederholung von Korporationsgegnern nicht richtiger.
10. Zum mythenumwobenen Phänomen der Mensur füge ich hier nur den schönen Dreiklang "Tradition, Selektion, Faszination" an. Das das keinen gesamtgesellschaftlichen Impetus bringt, mag sein. Das gilt aber auch für Bungeejumping und Doppelkopf.

Wenn wir weiter oben in diesem Faden festgestellt haben, daß unsere Hochschulen nur noch Fachidioten hervorbringen, kann es nicht schaden, an anderer Stelle schon in jungen Jahren zu lernen, Verantwortung für eine Gemeinschaft zu übernehmen (und sei es nur für ein Semester), einen freien Vortrag zu halten, demokratische Grundsätze in Versammlungen zu pflegen und womöglich sogar ein nachvollziehbares Protokoll dieser Versammlung zu erstellen. Daß letzteres nicht selbstverständlich ist, kann jeder nachvollziehen, der solche Dinger in Unternehmen zu lesen bekommt.

Und Spaß zu haben mit Freunden aus allen Fakultäten hat während des Studiums auch noch keinem geschadet. Angeblich soll es sogar Freude bereiten, diese Freunde auch nach 50 Semestern noch regelmäßig wiederzutreffen.

Es ist darüberhinaus nichts verwerfliches darin zu sehen, jungen Studenten mittels eines durchaus üppigen Jahresbeitrages günstigen Wohnraum und damit beschwerdefreieres Studieren zu ermöglichen.

Das einzige, was uns auf den Sack geht, ist, daß man sich überall und immer wieder erklären muß.

Doc_Jule, 28. März 2012, um 08:22
zuletzt bearbeitet am 28. März 2012, um 08:30

"7. Eine Aus- oder Abgrenzung zur Gesamtgesellschaft findet nicht statt. Korporationen sind Teil der Gesamtgesellschaft unseres Landes. Jeder, sofern studierend, kann Mitglied einer studentischen Verbindung werden. "
ein Widerspruch in sich.....

" 10. Zum mythenumwobenen Phänomen der Mensur füge ich hier nur den schönen Dreiklang "Tradition, Selektion, Faszination" an. Das das keinen gesamtgesellschaftlichen Impetus bringt, mag sein."
ich mache einen Vierklang draus und füge "Idiotie" ein..

"Und Spaß zu haben mit Freunden aus allen Fakultäten hat während des Studiums auch noch keinem geschadet. Angeblich soll es sogar Freude bereiten, diese Freunde auch nach 50 Semestern noch regelmäßig wiederzutreffen."
funktioniert auch ohne Verbindung einwandfrei...

"Das einzige, was uns auf den Sack geht, ist, daß man sich überall und immer wieder erklären muß."
dann würde ich mich langsam mal fragen, WARUM das so ist.....

Seb1904, 28. März 2012, um 08:42

dann würde ich mich langsam mal fragen, WARUM das so ist.....

Weil sie uns nicht in Ruhe lassen.

Es wäre allen geholfen, wenn man uns unser Nischendasein ließe und nicht Spaß daran fände, unsere Häuser zu zerstören, unsere Mützen zu klauen und uns zu diffamieren.

WIR tolerieren jede andere Einstellung und Lebensform. Anderen scheint das nicht gegeben.

Doc_Jule, 28. März 2012, um 08:49

lieber Seb, DU hast diese Diskussion angestoßen:

"Im übrigen wüßte ich da ein paar Einrichtungen, die durchaus positiv, weil persönlichkeitsbildend, fachübergreifend, gesellschaftsverantwortlich und auf Kontinuität angelegt, in die Menschwerdung junger Studenten einwirken können.
Wohnraumvermittlung inklusive."

und ich sehe nicht ein, dass ich das einfach unkommentiert stehen lassen soll. Ich zerstöre weder eure Häuser noch klaue ich Mützchen, die wären mir viel zu albern, aber ich nehme mir das Recht, meine Meinung zu äußern....
Im Übrigen:
"WIR tolerieren jede andere Einstellung und Lebensform"
das glaube ich nicht......

Stoni, 28. März 2012, um 10:07

Frauen in meine Verbindungen aufzunehmen, wurde nie ernsthaft diskutiert, Jule, genauso wenig wie Nicht-Gymnasiasten bzw. Nicht-Studierende (von Aufnahmen h.c. im späteren Alter mal abgesehen).
Das muss natürlich zunächst mal unglaublich chauvinistisch, elitär und antiquiert anmuten, Jule. Das verstehe ich.
Aber diese Bedingungen sind nicht in negativer Abgrenzung gegenüber Mädchen, Frauen, Nichtakademikern zu verstehen, sondern sind positiv als Merkmale des Zusammenschluss auf der Basis gemeinsamer Jugend- und Bildungserlebnisse entstanden. Verbindungen sind eine spezielle soziale Gruppe, die sich im heranwachsendem Alter zusammenfindet, um gemeinsam die Lebens- und Bildungsaufgaben zu meistern. Basis für alles ist "amicitia", das Ideal der Freundschaft - Bruderschaft.
Gerade für 16-22jährige Heranwachsende im Übergang von der Eltern- zur eigenen Familie, zu deren Beginn die Partnersuche steht, ist diese geschützte Jugendgruppe ein natürliches Bedürfnis und Refugium.
Mädchen und Frauen sind im Umfeld der Verbindungen natürlich gerne gesehen. Allein ihr Vordringen in das Innere des Bundes würde diesen empfindlich stören. Diese Störung erfolgt schlicht durch die erotische Relevanz der Beziehungen zwischen Mann und Frau, die eine rein ideell gemeinte amicitia nicht lange aushalten würde. Die Struktur dieser Männerbünde mit Selbsterziehungsanspruch würde gesprengt, ein völlig anderes soziale Gefüge würde entstehen, das die bisherigen Prinzipien und Ideale nicht mehr leben könnte. Verbindungen, die diesen Weg gehen, würden früher oder später aufhören zu existieren. Nichts kann besonders im heranwachsendem Alter eine höhere Bedeutung erlangen als Liebe und Partnerfindung. So fallen selbst ehemals engagierte Bundes- und Corpsbrüder in dieser Zeit immer wieder in eine gewisse Inaktivität, weil sich ihre Prioritäten verschieben, weil Partnerschaft oder Familie wichtiger werden als Freund- oder Bruderschaft.
Jule, denke mal an eine WG aus 20 jungen Männern und Frauen, die miteinander familiär, freundschaftlich verbunden sein wollen. Wie lange glaubst du, würde so ein Konstrukt bei aufkommender Liebe, Eifersucht, Begehren, Sehnsüchten, Promiskuität überleben? Aus Freunden würden Konkurrenten, aus "Schwestern" Geliebte, Partner, Ex-Partner. Statt Offenheit und Vertrauen zeigen und bekommen zu können, würden sich die Heranwachsenden einen Wettbewerb aus werben, ausstechen und renommieren hingeben ... das wäre natürlich aber für einen familiären Bund tödlich.

Ich hoffe, Jule, ich konnte in der Frage des Männerbund-Prinzips ein wenig begründen, warum dies kein feindseliger Akt darstellt. Auch die Frage der Mensur, der Elite u.ä. sind nicht einfach gelagert. Auch das verlangt eine differenzierte Auseinandersetzung.

Ja Seb, auch die Linke hat berühmte Verbindungsstudenten. Schon Karl Marx, der Theologe und Schriftsteller Walter Jens, Rezzo Schlauch, Fraktionsvorsitzender der Grünen im Bundestag, gehörten einer Verbindung an oder eben Ferdinand Lassalle. Wilhelm Liebknecht gründete 1869 zusammen mit August Bebel die SDAP, zudem 1876 die Parteizeitung „Vorwärts“. Er war Mitglied in den Corps Rhenania Gießen und Corps Hasso-Nassovia Marburg im KSCV. Detlev Karsten Rohleder, SPD Mitglied seit 1971, Chef der Treuhandanstalt, 1991 von Terroristen ermordert, war Mitglied der Leipziger Universitäts-Sängerschaft zu St. Pauli in Mainz.

Bei Rezzo kann man sehen, wie sehr es sich die Linke schwer macht, Verbindungen zu leben und wie schwer es Verbindungen Linken machen, sich darin wieder zu finden. Aber weder Rechtsruck noch hohles Elitengehabe sind essenzieller Bestandteil des Verbindungswesens. Sie sind lediglich ein zu überwindender Habitus.

Viel der Kritik ist berechtigt. Diese zielt aber mehr auf die heutige konkrete Ausgestaltung denn auf den wahren Kern des Verbindungswesens.

Doc_Jule, 28. März 2012, um 11:00

Stoni, ich kann nicht nachvollziehen, warum Frauen "im Umfeld" einen anderen Effekt haben sollten, als innerhalb der Gruppe. Niemand kann mir erzählen, dass es nicht vorkommt, dass ein "Bruder" dem andern die Freundin ausspannt. Und zum Erwachsenwerden gehört meines Erachtens gerade auch der Umgang mit dem anderen Geschlecht, gerade die Spannungsfelder, die entstehen können, lehren doch einen adäquaten Umgang mit Problemen der von dir geschilderten Art.
Der Ausschluss von Frauen trägt zudem dazu bei, diese als "minderwertig" zu erachten, und ein entsprechender Umdenkprozess kann unter Umständen ganz schön schmerzhaft sein....
Du erwähnst den "Selbsterziehungsanspruch". Welches Ziel kann denn eine solche Erziehung haben, die in einem künstlich geschaffenen Raum stattfindet?
Aus meiner eigenen Erfahrung weiß ich, dass unsere WGs (es waren mehrere in einem Haus, allesamt gemischt) wunderbar funktioniert haben und wir heute noch freundschaftlich verbunden sind. Wir treffen uns jährlich hier in HH bei einem Freund, der in der Hafencity seine Wohnung hat, und dazu kommen alle, die es möglich machen können, auch von weiter her angereist...und mit meinem damaligen Freund bin ich heute noch eng verbunden, auch wenn wir kein Paar mehr sind.
Für mich war die WG der ideale Übergang von der Familie zur Selbständigkeit....

Seb1904, 28. März 2012, um 11:03

@stoni: Ich meinte mit der "Linken" auch die heutige aktuelle Partei. Marx ist klar.

@para: Mit einem Argument wie "das glaube ich nicht" ist die Diskussion auch schnell wieder vorbei. Tolerieren heißt zunächst einmal nichts anderes als dulden. Wenn Verbindungs-Häuser besudelt, deren Fenster zerschmissen und alte Menschen krankenhausreif geschlagen werden, weil sie Band und Mütze tragen, hat das nichts mit Duldung zu tun. Und wenn von immer den gleichen (bezahlten) Korpo-Gegnern wider besseren Wissens immer die gleichen Lügen verbreitet werden, auch nicht.

Es würde mich doch arg wundern, wenn Du von irgendeinem Korporierten irgendeinen tätlichen Angriff auf einen Andersdenkenden oder dessen Eigentum erlebt hättest oder auch nur glaubhaft davon berichten könntest.

(Es sei denn, es besteht gegenseitiges Einverständnis und Gleichheit der Waffen..)

Du darfst mir im übrigen glauben, daß mir der Rechtsruck in einigen Verbindungen speziell meines Verbandes durchaus intensiv gegen den Strich geht und daß ich auch dort nicht untätig bin, unliebsame Entwicklungen zu korrigieren. Aber Interna bleiben bei mir auch solche.

Seb1904, 28. März 2012, um 11:17

Im übrigen, um nochmal auf den Thread-Titel zurückzukommen, glaube ich, daß ein gesundes Land Minderheiten und Mindermeinungen jedweder Art gut ertragen kann und muss.

Wenn, wie im Ausgangspost beschrieben, Einzelne wegen ihrer Hautfarbe, Religion, politischen Positionierung oder sexuellen Ausrichtung mit Berufsverboten belegt, verfolgt, zusammengeschlagen oder gar getötet werden, wenn Zensur herrscht und eben nicht mehr alles gesagt oder gedacht werden kann, dann herrscht Unfreiheit. Und dann krankt das Land.

Stoni, 28. März 2012, um 11:35

Jule, werden in einem privaten Männerkreis aus 4-5 Freunden, die sich gelegentlich treffen, Frauen gleich ausgeschlossen? Oder im Fußballverein meines Sohnes, wo nur Jungs mitspielen? Ist es nicht eher natürlich, dass gerade Heranwachsende auch mal unter sich bleiben wollen?
Hast Du keinen Kreis von Freundinnen mit denen Du Dich triffst?
Eine Zweck- oder Freundes-WG aus 4-5 Leuten für ein paar Jahre ist etwas anderes als ein Lebensbund aufbauend auf jeweils 20-30 Aktiven, von denen 10-15 unter einem Dach zusammenleben und fast die gesamte Freizeit teilen.
Partnerschaften sind mir heilig, ich betrüge meine Partnerinnen nicht und habe auch noch nie einem Freund, Bundes- oder Corpsbruder die Freundin oder Frau ausgespannt. Das mag es mal geben, mitbekommen habe ich nur den Übergang von einem zum anderen. Die aktiven Studenten kommen neu dazu. Die Bruderschaften müssen entstehen und wachsen. Erotische Turbulenzen haben da keinen Platz. Entschuldige, wenn ich offen bin, aber als 18 oder 20jähriger Student wünschte ich mir von den meisten Mädchen nicht unbedingt nur eine rein ideelle Freundschaft wie von meinen männlichen Kommilitonen. Waren Mädchen bei Partys oder Feierlichkeiten im Verbindungshaus herrschte eine natürliche Anspannung, das "Jagdfieber" brach aus oder wie auch immer du es nennen willst. Für Entspannung, offene, persönliche, rein freundschaftliche Begegnungen und Gespräche war da kaum noch Gelegenheit. Jungen-, Mädchen-, Männer- oder Frauenfreundschaften sind kein Ausschluss des jeweils anderen Geschlechts, vielmehr ein ein freundschaftliche, familiäres Refugium zum Aufbau der eigenen Persönlichkeit.

IngoKnito, 28. März 2012, um 11:41

(Danke, Ihr drei - ich lese interessiert mit.)

Stoni, 28. März 2012, um 11:44

Ja, Seb, unbedingt sollte den Verbindungen mehr Toleranz gegenüber gebracht werden.
Nur wenn eine Verbindung Nazis wie Mahler oder Holocaust-Leugnern wie Irving Plattformen bieten, dann gehören diese zunächst offiziell verwarnt und im Wiederholungsfall aus jedem Verband ausgeschlossen.
Dieses Verhalten widerspricht nicht nur dem Gedanken der Urburschenschaft sondern ist eine Zumutung für jeden anständigen Menschen und schädigt das Verbindungswesen insgesamt. Da hört meine Toleranz auf.

Ex-Füchse #197, 28. März 2012, um 11:46

auch interessiert mitlese..

Seb1904, 28. März 2012, um 12:13

Tja. Damit wären wir im Prinzip bei den Interna. Weder in Deinem noch in meinem Verband ist der Ausschluß so schnell und einfach zu machen - im Gegenteil, die Eigenständigkeit der Bünde ist eine heilige Errungenschaft.
Das Problem ist - wie mir ein Landser mal sagte -die Scheiss-Meinungsfreiheit. Mache ich mir, wenn ich einen Redner einlade, seine Meinung zu eigen? Ich finde nein; trotzdem würde ich Irving und ähnliche Kaliber z.B. nicht auf unserem Hause sehen wollen. Im übrigen war der auch nicht da, wenn ich richtig informiert bin.

Mahler war 1998 bei den Danuben. Das ist mittlerweile doch lange her und verjährt, und er war damals nicht Mitglied der NPD (selbst der bayrische VS recherchiert höchst bescheiden, nicht nur in diesem Punkt), hatte auch noch nicht diese brutal antidemokratische, staatsfeindliche Haltung wie heute. Ich war an dem Wochenende in München, aus anderem Grund zwar, aber dann durch Zufall auch auf dem Haus. Der Mann ist ein Demagoge - die Diskussion war ausgesprochen kontrovers, es waren nicht wenige Nichtkorpos anwesend. Ich habe damals nur einen Satz gesagt: "Früher sind ihm die linken Ratten nachgelaufen, heute sind es die rechten!" Widerspruch bekam ich nicht.
Heute würde den keiner mehr einladen.

Mit etwas Mühe kann man jede heute gängige Haltung zu alles und jedem auf irgendein Papier der Urburschenschaft zurückführen. Auch diese, in meinem Verband immer wieder gern genutzte Totschlagargumentation führt also leider ins Leere.

Lottospieler, 28. März 2012, um 12:42
zuletzt bearbeitet am 28. März 2012, um 12:55

komisch ist das die meisten Frauen diesen elitären Unsinn von Studentenverbindungen nicht unterstützen und das ist vollkommen richtig so. Für mich ist und bleibt es ein Relikt aus der Vergangeheit was in unsere heutige Zeit nicht mehr paßt. Mit all den Beschränkungen, Aufnahmeritualen etc selbst wenn das nicht mehr für alle gelten mag. Jede Gruppe die andere ausgrenzt muß in unserer heutigen Zeit mit Gegenwehr rechnen und das vollkommen zu Recht und kann nicht auf einhellige Zustimmung hoffen aus nachvollziehbaren Gründen.
Das unsägliche Überbleibsel der 'Mensur' zb gehört dazu, für mich ist es keinesfalls ein Zeichen von Männlichkeit billigend in Kauf zu nehmen das andere und man selbst verletzt wird. Für mich heiß männlich sein sich zu engagieren zum Wohle der Allgemeinheit, sich für Schwächere und Außenseiter einsetzen, nicht immer seine eigenen Interessen in den Vordergrund zu stellen.
Da mögen jetzt viele heulen ist mir vollkommen egal, zum Teufel mit dem falsch verstanden Männlichkeitsbild von Stärke und Studentenverbindungen die Probleme haben Meinungen von 'dummen, ungebildeten, außenstehenden' zu tolerieren, es gibt sie leider immer noch, davon bin ich überzeugt.

p.s.
ich hab auch mal studiert und der ganze 'Verbindungskram' war mir ein Graus weil man bestimmte Interessen und Meinungen haben mußte um dazuzugehören.

Seb1904, 28. März 2012, um 12:46

Wir beginnen, auch das nicht zum ersten Mal in so einer Diskussion, uns im Kreise zu drehen.
Ich kann hier keine neuen Positionen entdecken, die ein Daraufeingehen wert wären.

elesa, 28. März 2012, um 12:54

lese auch interessiert mit, da ich von verbindungen ka habe halt ich mich da raus,
@ stoni, kann deine argumente gut verstehen aber...... sind die nicht teilweise deckungsgleich mit der argumentation der katolischen Kirche in Bezug auf Frauen, Priesterschaft, Ehe von Priestern??? ich bin da etwas näher an para in dem punkt sry

Lottospieler, 28. März 2012, um 13:31

wir zutiefst zuwider sind Leute oder Gruppen die andere ausgrenzen wollen

1. Parteien die einseitige Interessen vertreten
(das sind leider die meisten)
2. Kirchliche Institutionen, besonders die katholische
3. Gruppen die eine bestimmte Klientel bedienen wollen
4. Vereine jeglicher Art die wenig Toleranz zeigen
5. sogenannte 'Fußballanhänger' oder 'Sportbegeisterte' die alles durch die rosarote Vereinsbrille sehen.
6. Jeder einzelne der nur seine Meinung gelten läßt
7. Doppelkopfspieler die nur mit 'ihresgleichen' spielen wollen und für sich in Anspruch nehmen das Spiel erfunden zu haben, keine Kritik an ihrer Spielweise zulassen (konnte ich mir nicht verkneifen) :-)

Lottospieler, 28. März 2012, um 13:32

ich hoffe nicht das das 90% meiner Mitmenschen sind, dann hätte ich ein echtes Problem :-)

Ex-Füchse #365, 28. März 2012, um 13:34

Geht mir ähnlich wie Elesa.
Auch ich habe mich aus der Verbindungsdiskussion bisher herausgehalten, weil ich davon einfach zu wenig Ahnung habe.
Aber die Assoziation mit der katholischen Kirche hatte ich witzigerweise ebenfalls.

Ex-Füchse #11750, 28. März 2012, um 13:37
Dieser Eintrag wurde entfernt.

Doc_Jule, 28. März 2012, um 13:39
zuletzt bearbeitet am 28. März 2012, um 13:54

@Stoni
klar wollen Jungs oder Mädels auch mal unter sich sein, mit Betonung auf "auch mal". Ich musste ein wenig schmunzeln, als ich deine Beschreibung des "Jagdfiebers" auf den Feten las, weil ich dabei das Bild einer Gruppe von Mönchen "im vollen Saft" hatte, die, ansonsten zölibatär lebend, plötzlich mit weiblichen Wesen konfrontiert werden.
Ich halte auch die implementierte Auffassung, zwischen Männern und Frauen sei keine "Freundschaft" möglich, für zumindest fragwürdig.
Ich bin nach wie vor der Meinung, dass es, auch im Sinne eines gesamtgesellschaftlichen Lernens, wenig zielführend ist, reine Männer- oder Frauenverbände zu etablieren.
Ich denke, da haben wir einfach unterschiedliche Ansichten, die man gegenseitig akzeptieren kann.
@Seb, Stoni
Allerdings finde ich es bedenklich, dass offensichtlich noch immer auch die berufliche Vernetzung häufig über Verbindungen stattfindet und damit betimmte Posten für Frauen gar nicht oder nur unter sehr erschwerten Bedingungen zugänglich sind. Es gibt sicherlich viele verschiedene Gründe dafür, dass so wenig Frauen, gemessen an der Menge kompetenter, gut ausgebildeter Absolventinnen, in den oberen Etagen zu finden sind, aber einer ist sicherlich auch in der Funktion eines Netztwerks bei den Verbindungen zu suchen.
Ganz besonders erschreckend finde ich jedoch die Vorstellung, dass aus einigen ( und ich betone EINIGEN) Verbindungen der akademische Nachwuchs der extremen Rechten erwächst. Die prügelnden Glatzen sind das Fußvolk, aber die Ideen und der ideologische Hintergrund kommen von höherer Ebene.
Es macht mir wirklich Angst, dass Rechtsextremismus auf diese Weise wieder auf dem Wege ist, gesellschaftsfähig zu werden....
das passt übrigens als Erwiderung zu deiner Aussage, Seb:
"Es würde mich doch arg wundern, wenn Du von irgendeinem Korporierten irgendeinen tätlichen Angriff auf einen Andersdenkenden oder dessen Eigentum erlebt hättest oder auch nur glaubhaft davon berichten könntest."
Nein, die Herren machen sich nicht selbst die Hände schmutzig, dafür haben sie Leute...

Lottospieler, 28. März 2012, um 13:43

es soll Gruppen und Vereiningungen geben wo jeder herzlich willkommen ist, wo jeder seine Meinung sagen darf ohne niedergemacht zu werden, wo eine angenehme Atmosphäre der Toleranz herrscht, aber auch die Fähigkeit zur Selbstkritik jedes einzelnen vorhanden ist.
Zum Teil haben wir das ja auch hier schon erreicht mit abnehmender Tendenz am Ende :-)

Stoni, 28. März 2012, um 14:21

elesa, Jule, das Verhalten der katholischen Kirche ist in der Tat eine Ausgrenzung. Ich verurteile diese.
Man hat als Frau keine Möglichkeit, in der Kirche seines Glaubens i.e.S. aktiv zu werden. Als Frau bin ich Mitglied der Kirche und werde beschränkt.

Nur bitte, wer gibt Frauen das Recht, in bestimmte private, männliche Freundeskreise aufgenommen zu werden, wer hindert Frauen daran, Damen-Verbindungen beizutreten, aufzumachen oder gemischte Verbindungen zu gründen?

Und wodurch erreicht die Verbindung eine andere Ausgrenzung als die Fußball-Mannschaft meines Sohnes?

Und Jule, ich bin überhaupt gar nicht der Auffassung, zwischen Männern und Frauen sei keine "Freundschaft" möglich. Ich habe einige beste Freundinnen und möchte auf sie keinesfalls verzichten.

Ein Verbindungsstudent kann sich auch dem gesamtgesellschaftlichen Lernen nicht verschliessen. Er wird i.d.R. genauso wie andere gemischt geschlechtliche Lernzirkel ausserhalb der Verbindung nutzen.

Du überschätzt die Bedeutung der Verbindungen. Sie machen nur noch ganz wenige Prozent der Studentenschaft aus und sind auch in Vorständen nicht überrepräsentiert. Dass nur 3% der Frauen in den DAX-Vorständen sitzen, hat nichts, aber auch gar nichts mit dem Verbindungswesen zu tun.

Abschliessend verurteile ich mindestens genauso heftig wie Du die vereinzelten rechtsextremistischen Ausfälle einiger weniger Burschenschaften. Das Nazi-Gesocks gehört aus Verbindungen entfernt. Aber längst nicht alle Burschenschaften sind auf dem rechten Auge blind oder gar damit aktiv, nicht einmal alle Bünde der sog. Burschenschaftlichen Gemeinschaft. Insofern sind wohl nur 10-20% der Mitglieder von 10-20% der Burschenschaften problematisch, die wiederum nur 10-20% aller Verbindungen insgesamt ausmachen.
Ein Promille-Anteil der Gesamtkorpierten also, ein ätzender Teil, dem viel zu viel Beachtung aber sicher auch viel zu viel Toleranz gegenüber gebracht wird.
Für mich ist das Bekenntnis zur sog. Neuen Rechten, die Mitgliedschaft in der NPD oder eine derartige Gesinnung unvereinbar mit dem Verbindungswesen.

Doc_Jule, 28. März 2012, um 16:21
zuletzt bearbeitet am 28. März 2012, um 16:25

@Stoni
1. ich dachte dabei nicht unbedingt in erster Linie an die Vorstandsetagen großer Unternehmen, eher z.B. an Uni-Lehrstühle, als ich davon schrieb, das Frauen trotz ihrer guten Ausbildung unterrepräsentiert sind...
2. Dass du persönlich Freundschaft zu Frauen pflegen kannst, glaube (und weiß) ich, Stoni, aber der Kerngedanke hinter deinen Ausführungen schien mir genau diese Aussage zu sein....zwischen Frauen und Männern geht nur Erotik, keine Freundschaft, deshalb stören Frauen den Prozess der "Menschwerdung"...* und dem wollte ich widersprechen ;-)

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